Krankheit und Arbeitsrecht: Was Sie wissen müssen, wenn Mitarbeiter länger ausfallen

Leiden Mitarbeiter an einer psychischen oder schweren körperlichen Krankheit, sind sie oft monatelang krankgeschrieben. Was Arbeitgeber dann wissen müssen. Prävention Verhindern, dass Mitarbeiter (psychisch) erkranken, kann kein Unternehmen. Dennoch sind Chefinnen und Chefs verpflichtet, in Sachen Prävention aktiv zu werden: Nach § 5 Arbeitsschutzgesetz müssen Firmen eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Dabei müssen sie den Betrieb auf mögliche körperliche und psychische Belastungen prüfen und Gegenmaßnahmen finden. Einen Leitfaden für eine psychische Gefährdungsbeurteilung vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales finden Sie hier. Krankmeldung Das Entgeltfortzahlungsgesetz schreibt vor, dass Angestellte sich zu Beginn des ersten Krankheitstages krankmelden müssen. Sie müssen keinen Grund für die Krankmeldung nennen, sollten allerdings eine Prognose abgeben, wann sie voraussichtlich wieder arbeiten können. Ein ärztliches Attest wird nach drei Krankheitstagen fällig. Arbeitgeber können allerdings im Arbeitsvertrag abweichende Regelungen festlegen. Mehr dazu: Krankmeldung: Alles, was Sie wissen müssen Lohnfortzahlung Wer seit mehr als vier Wochen in einem Betrieb arbeitet und unverschuldet krank ist, hat Anspruch auf Lohnfortzahlung. Der Arbeitgeber muss also trotz Krankheit weiterhin das volle Gehalt zahlen (§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz). Das gilt sechs Wochen lang für Voll- und Teilzeitkräfte genauso wie für Auszubildende, angestellte Studenten oder freiwillige Praktikanten. Danach bekommen Angestellte Krankengeld von ihrer Krankenkasse. Wichtig: Hat ein Mitarbeiter verschiedene Krankheiten (zum Beispiel erst eine Depression, dann einen Beinbruch und später die Grippe), muss die Firma ihm immer wieder für die ersten sechs Krankheitswochen den Lohn zahlen. Hat er dagegen erneut die gleiche Krankheit, greift das Krankengeld. Weitere Infos hier: Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Wer bekommt wie viel? Krankengeld Nach mehr als sechs Wochen Krankheit übernimmt die Krankenkasse das Gehalt. Das Krankengeld beträgt 70 Prozent des Bruttoverdienstes, aber nicht mehr als 90 Prozent des Nettogehalts. Die Krankenkassen zahlen es wegen derselben Krankheit bis zu 78 Wochen lang innerhalb von drei Jahren. Mehr zum Thema: Krankenrückkehrgespräch: Warum es wichtig ist. Wiedereingliederung Beschäftigte, die innerhalb von zwölf Monaten mehr als sechs Wochen krankgeschrieben waren (egal, ob am Stück oder über das Jahr verteilt), haben Anspruch auf ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM). „Ich muss als Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer zugehen und ihm anbieten, gemeinsam zu schauen, wie wir künftig Arbeitsunfähigkeitszeiten reduzieren können“, sagt Alexander Birkhahn, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, solch ein Gespräch anzubieten. Tun sie das nicht, kann es ihnen unter Umständen später auf die Füße fallen – nämlich dann, wenn ein Teammitglied gegen eine krankheitsbedingte Kündigung klagt. Arbeitnehmern steht es frei, ob sie das Gespräch annehmen. In einem BEM-Gespräch können Arbeitnehmer und -geber beispielsweise festlegen, dass der Genesene stufenweise die Arbeit wieder aufnimmt – mit dem sogenannten Hamburger Modell. Langzeiterkrankte steigen dann zunächst mit ein paar Stunden Arbeit täglich wieder ein und stocken nach und nach auf. Wichtig zu wissen: Bei einer stufenweisen Wiedereingliederung gilt der Angestellte noch als krankgeschrieben – er bekommt also weiterhin Krankengeld. Was Sie bei einem BEM-Gespräch beachten sollten: BEM-Gespräch: Das müssen Sie wissen Krankheitsbedingte Kündigung Laut Arbeitsrechtler Birkhahn muss ein Arbeitnehmer mindestens sechs Wochen im Jahr krankgeschrieben sein, damit Gerichte eine personenbedingte Kündigung wegen Krankheit für wirksam erklären. Für eine rechtmäßige krankheitsbedingte Kündigung müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: Die Krankheit muss die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers erheblich beeinträchtigen (etwa weil die Firma sich die Lohnfortzahlungskosten wegen ständiger unterschiedlicher Krankheiten kaum leisten kann, sie mit der Arbeitskraft nicht planen kann und ständig Teammitglieder für den Kranken einspringen müssen). Der Arbeitgeber muss zu Recht davon ausgehen können, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter auch in Zukunft lange oder häufig ausfallen wird (die sogenannte negative Gesundheitsprognose). Auch Alkohol- und Drogensucht gelten als Krankheiten. Wenn etwa eine Mitarbeiterin nach mehrfacher Entzugskur wieder rückfällig wird, kann die Firma von einer negativen Gesundheitsprognose ausgehen. Chefinnen und Chefs müssen abwägen, ob eine Kündigung verhältnismäßig ist – was zum Beispiel eher nicht der Fall ist, wenn ein Mitarbeiter nach 15 Jahren Betriebszugehörigkeit das erste Mal länger krankgeschrieben ist. Mehr dazu lesen Sie in unserem Text Kündigung wegen Krankheit: Das müssen Sie wissen. In Kleinbetrieben mit weniger als zehn Beschäftigten greift der gesetzliche Kündigungsschutz nicht. Chefinnen und Chefs können Teammitglieder daher hier einfacher kündigen.