Alkohol am Arbeitsplatz
Na Prost! Was Arbeitgeber zum Thema Alkohol bei der Arbeit wissen sollten

Arbeitgeber haben in Sachen Alkohol am Arbeitsplatz viele Pflichten. Wie Sie sie mit einem Alkoholverbot erfüllen und was Sie tun müssen, wenn Beschäftigte alkoholisiert am Arbeitsplatz erscheinen.

30. August 2024, 07:00 Uhr, von Kathrin Halfwassen, Redakteurin

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Mann stößt mit Arbeitskollegen an, Weingläser
Ein Gläschen in Ehren – sollten die meisten Unternehmen verwehren. Was Sie zu Alkohol am Arbeitsplatz wissen müssen.
© zoranm / E+ / Getty Images

Alkohol am Arbeitsplatz: Die Rahmenbedingungen

Ein Glas Wein in der Mittagspause oder der Sekt zum Geburtstagskaffee der Kollegin: Sofern Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen dazu keine Regelungen treffen, ist Alkohol am Arbeitsplatz erst einmal erlaubt, sofern keine Besonderheiten wie für Piloten oder LKW-Fahrer gelten.

„Alkohol ist grundsätzlich legal. Und es gibt in Deutschland kein allgemeines Gesetz, das Alkohol während der Arbeitszeit oder in der Pause generell verbieten würde“, erklärt Michael Fuhlrott, Professor für Arbeitsrecht an der Hochschule Fresenius in Hamburg.

Allerdings gibt es ein relatives Alkoholverbot am Arbeitsplatz. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind dazu verpflichtet, ihre Arbeitsleistung ordnungsgemäß zu erfüllen. Das heißt, sie dürfen sich nicht durch Alkohol in einen Zustand versetzen, der das nicht mehr ermöglicht. Dies erläutert das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil (BAG – 2 AZR 649/94).

Arbeitsrechtler Fuhlrott dazu: „Das bedeutet umgekehrt, ich darf das Weizenbier in der der Mittagspause grundsätzlich trinken – wenn es meine Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt.“

Wichtig: konkrete Regelungen schaffen

Fuhlrott rät Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen davon ab, beim Thema Alkohol auf den gesunden Menschenverstand zu setzen. „Es ist immer zu empfehlen, den Umgang mit Rauschmitteln am Arbeitsplatz und auf dem Betriebsgelände eindeutig zu regeln. So haben alle Seiten Klarheit und Sie beugen Konflikten vor. Kommt es doch zu Auseinandersetzungen, können Sie diese leichter lösen“, so der Arbeitsrechtler.

Welche Vorgaben gibt es für ein Alkoholverbot am Arbeitsplatz?

Ein mögliches Alkoholverbot in Betrieben berührt zum einen das Weisungsrecht der Arbeitgebenden (auch „Direktionsrecht“), zum anderen die Fürsorgepflicht.

Das Weisungsrecht erlaubt es Unternehmen, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach „billigem Ermessen“ zu bestimmen. Damit umfasst dieses Recht auch, Alkohol bei der Arbeit zu verbieten, sowohl während der Arbeitszeit als auch während der Pausen.

Laut Fürsorgepflicht tragen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Mitarbeiter. „Um dem gerecht zu werden, empfiehlt es sich in den meisten Betrieben, Rauschmittel komplett zu verbieten“, so Experte Fuhlrott.

In bestimmten Bereichen, etwa im Personenverkehr oder der Luftfahrt, in Kernkraftwerken oder im Krankenhaus verstehe sich ein absolutes Alkoholverbot von selbst. Außerdem ist ein absolutes Alkoholverbot häufig auch arbeitsvertraglich festgelegt. Darüber hinaus gibt es Unfallverhütungsvorschriften, die Vorgaben zu Alkohol am Arbeitsplatz der Berufsgenossenschaften enthalten.

Auch unabhängig davon sollten Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen Fuhlrott zufolge über ein Alkoholverbot am Arbeitsplatz nachdenken. Es sei etwa überall dort angebracht, wo Menschen mit Maschinen zu tun hätten und durch Alkoholkonsum sich und andere potenziell gefährdeten. Also beispielsweise im produzierenden Gewerbe.

Inwieweit empfiehlt sich ein Alkoholverbot auch bei ungefährlichen Tätigkeiten?

Selbst bei Unternehmen, in denen einzig Bürotätigkeiten anfallen, rät der Experte, den Konsum von Alkohol im Betrieb zu verbieten. „Es gibt nicht umsonst den Spruch: ‚Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps‘. Ich sehe keinen einleuchtenden Grund, warum man das in der Praxis anders handhaben und Alkohol am Arbeitsplatz erlaubt sein sollte“, so Fuhlrott.

Zu betrachten seien dabei nicht nur Sicherheitsaspekte. Ein Verbot, so Fuhlrott, würde außerdem unangenehme Situationen für Menschen verhindern, die keinen Alkohol – aus welchen Gründen auch immer – trinken dürften oder wollten.

Alternative zum absoluten Verbot von Alkohol auf der Arbeit: Ausnahmeregelungen

In vielen Unternehmen gibt es die Tradition, etwa zu Geburtstagen oder Dienstjubiläen einen Umtrunk zu organisieren. „So etwas können Sie als Unternehmen natürlich erlauben, wenn Sie es denn unbedingt wollen“, so Fuhlrott. Der Experte empfiehlt für diesen Fall, klare Rahmenbedingungen zu schaffen. „Verbieten Sie in einem ersten Schritt Alkohol am Arbeitsplatz grundsätzlich – und definieren Sie dann konkrete Ausnahmen. Dabei sollte selbstverständlich sein, dass es um das symbolische Anstoßen zu einem Geburtstag oder zu einem Jubiläum geht und nicht darum, sich am Arbeitsplatz zu betrinken“, so der Experte.

Alkoholverbot per Betriebsvereinbarung oder Aushang? So sollten Sie es regeln

„Grundsätzlich würde es genügen, wenn Sie vor allen Beschäftigten mündlich erklärten: ‚Bei uns ist Alkohol am Arbeitsplatz verboten – zu jeder Zeit und an jedem Ort auf dem Betriebsgelände gilt die 0-Promille-Vorgabe‘“, sagt Fuhlrott. Dennoch rät der Arbeitsrechtler zu einer Klausel im Arbeitsvertrag, einer Zusatzvereinbarung, einer Betriebsvereinbarung oder einem Code of Conduct. Ein spezielles Muster muss dafür nicht verwendet werden.

Wo liegen die Grenzen eines Alkoholverbots durch den Arbeitgeber?

Alkohol während der Arbeitszeit dürfen Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen untersagen. „Ihr Weisungsrecht endet aber am Werkstor. Es ist also Privatsache der Beschäftigten, wenn sie sich montagabends vollkippen – sofern das keine negativen Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat und die Person am nächsten Tag ohne alkoholbedingte Ausfallerscheinungen ihre normale Arbeitsleistung erbringen kann“, so Fuhlrott.

Eine Ausnahme, in der auch der Alkoholkonsum in der Freizeit Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben kann, besteht dann, wenn sich ein Teammitglied betrinkt, sich in der Folge danebenbenimmt und dabei Rückschlüsse auf das arbeitgebende Unternehmen zulässt.

Ein Beispiel: Ein Vertriebs-Mitarbeiter zettelt nach Feierabend im Arbeits-T-Shirt eine Schlägerei an. Er wird dabei gefilmt und das Video viral geht. „In solch einem Fall hätte der Beschäftigte einen Imageschaden des Unternehmens verursacht. Dann dürften Arbeitgeber arbeitsrechtlich aktiv werden“, so Fuhlrott (siehe dazu den Abschnitt „Welche arbeitsrechtlichen Sanktionen sind möglich, wenn Beschäftigte auf der Arbeit Alkohol trinken?“)

Was droht, wenn es keine Regelungen zum Alkoholkonsum im Betrieb gibt?

Ist Alkoholkonsum in einem Betrieb erlaubt, können Arbeitgebende dem Experten zufolge schnell Probleme bekommen. Und zwar nicht nur dann, wenn in dem Unternehmen beispielsweise mit Maschinen oder Gefahrstoffen gearbeitet wird. Fuhlrott: „Rutscht jemand alkoholbedingt mit der Säge ab und verletzt sich oder einen Kollegen, hat der Arbeitgeber möglicherweise schon seine Fürsorgepflicht verletzt“, so Fuhlrott. „Das gilt jedenfalls dann, wenn vorhersehbar war, dass der Alkoholkonsum zu Unfällen führen kann. Oder der Arbeitgeber einen betrunkenen Mitarbeiter weiter arbeiten lässt.“

Kommt jemand ernsthaft zu Schaden und es kann nachgewiesen werden, dass Vorgesetzte davon wussten, können Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen im Extremfall sogar schadenersatzpflichtig oder straffällig werden.

Was müssen Arbeitgebende tun, wenn Beschäftigte alkoholisiert am Arbeitsplatz erscheinen?

Bemerken Vorgesetzte, dass jemand mit ordentlich Restalkohol in den Betrieb kommt oder offen Alkohol bei der Arbeit trinkt, müssen sie die Person darauf ansprechen. Und sie gegebenenfalls nach Hause schicken, wenn die Beschäftigten ihre Arbeit nicht mehr ausführen können oder andere gefährden. „Dies ergibt sich aus der Fürsorgepflicht“, sagt Fuhlrott.

Einen Anspruch auf Gehalt haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die ausgefallene Arbeitszeit nicht. „Auch die Kosten für den Heimweg, etwa, wenn ein Taxi gerufen werden muss, müssen Beschäftigte selbst tragen“, so der Arbeitsrechtler weiter.

Welche arbeitsrechtlichen Sanktionen sind möglich, wenn Beschäftigte Alkohol auf der Arbeit konsumieren?

Ein Mitarbeiter trinkt Alkohol, obwohl das im Betrieb verboten ist? Dann sind alle arbeitsrechtlichen Sanktionen möglich – von der Abmahnung bis hin zur fristlosen  verhaltensbedingten Kündigung. „Dabei gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Arbeitsverhältnis zu beenden, muss immer das letzte Mittel der Wahl sein“, so Fuhlrott.

Zwei Beispiele.

  1. Ein Verkäufer lallt im Kundengespräch und die Vorgesetzte bekommt es mit. In dem Fall ist dem Arbeitsrechtler zufolge in der Regel eine Abmahnung gerechtfertigt.
  2. Ein Busfahrer hat am Vorabend ausgiebig gefeiert, erscheint alkoholisiert im Betrieb und setzt sich verkatert hinters Steuer eines Schulbusses. „Dann wäre eine fristlose Kündigung zulässig – weil der Arbeitnehmer sich und andere Personen gefährdet und damit eine schwere arbeitsvertragliche Pflichtverletzung begeht“, so Fuhlrott.

Wichtig: Das Thema Alkohol am Arbeitsplatz und Kündigung ist komplex. Entscheidend dabei ist, ob Beschäftigte ihr Verhalten steuern können. Ist ein Mitarbeiter Alkoholiker, kann er das nicht. „Alkoholabhängige Menschen sind krank. Und bei Krankheit können Sie nur in bestimmten Ausnahmefällen mit hohen Anforderungen personenbedingt kündigen – ganz sicher aber nicht verhaltensbedingt“, erklärt Fuhlrott.

Wenn Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber vermuten, einen Mitarbeiter mit Alkoholproblem in der Belegschaft zu haben, sollten sie die Person unbedingt darauf ansprechen. Um ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen – und auch, um wirtschaftlichen Schaden vom Unternehmen abzuwenden.

Alkohol am Arbeitsplatz und Betriebsrat: Das sollten Sie wissen

Das Thema Alkoholkonsum berührt das sogenannte Ordnungsverhalten von Beschäftigten. Bei entsprechenden Regelungen haben Betriebsräte ein Mitbestimmungsrecht. Zum Beispiel, wenn Arbeitgebende das Trinken auf dem Betriebsgeländen und in den Pausen verbieten wollen.

Kein Mitspracherecht zum Thema Alkohol am Arbeitsplatz hat der Betriebsrat, wenn ein absolutes Alkoholverbot sowieso vorgeschrieben ist – etwa in sicherheitsrelevanten Unternehmen wie Kernkraftwerken.

Was gilt für Alkohol bei Betriebsfeiern?

Wie viel Alkohol zur Weihnachtsfeier, beim Sommerfest oder beim abendlichen Teamessen ist erlaubt? Diese Frage beschäftigt viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. „Da solche Veranstaltungen nicht verpflichtend sind, gelten sie als Freizeit. Damit darf jeder grundsätzlich trinken, so viel er oder sie will. Wenn aber beispielsweise jemand im Alkoholrausch eine Kollegin beleidigt oder sogar sexuell belästigt, sind wieder alle arbeitsrechtlichen Sanktionen möglich“, erklärt Arbeitsrechtler Fuhlrott.

Welche Pflichten haben Beschäftigte beim Thema Alkohol am Arbeitsplatz?

Bemerken Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass andere Teammitglieder Ausfallerscheinungen haben infolge von Alkoholkonsum, müssen sie es den Vorgesetzten melden. Dies ergibt sich aus der allgemein formulierten Mitteilungspflicht nach § 16 des Arbeitsschutzgesetzes, die auch für den Bereich Alkohol am Arbeitsplatz Anwendung findet.

Der Experte
Michael Fuhlrott Alkohol am ArbeitsplatzMichael Fuhlrott lehrt als Professor für Arbeitsrecht an der Hochschule Fresenius in Hamburg. Zudem berät er als Fachanwalt für Arbeitsrecht Unternehmerinnen und Unternehmer.
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