ISO 9001 Zertifizierung von Kleinunternehmen
So hilft eine Zertifizierung Ihnen bei einem effektiven Qualitätsmanagement

Mehr als nur nutzlose Bürokratie. Erfahren Sie, wie die ISO 9001 Zertifizierung Kleinunternehmen effizienter und wettbewerbsfähiger macht.

4. September 2024, 13:16 Uhr, von Anna Wilke, Redakteurin

Symbolbild mit dem Schriftzug ISO und einer Zertifikatsplakette auf Holzwürfeln.
Eine ISO 9001 Zertifizierung von Kleinunternehmen fördert effiziente Prozesse und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit.
© SmileStudioAP / iStock / Getty Images Plus

Eine ISO 9001 Zertifizierung von Kleinunternehmen mag zunächst wie überflüssiger bürokratischer Aufwand wirken. Doch richtig umgesetzt, kann die ISO 9001 Zertifizierung deutliche Vorteile für Unternehmen bringen. Susanne Petersen, Expertin für Managementsysteme, erklärt, wie kleine Unternehmen den Einstieg erfolgreich meistern können, den Ablauf einer ISO 9001 Zertifizierung und wann eine ISO 9001 Zertifizierung Pflicht ist.

Was ist eine ISO Zertifizierung?

Eine ISO-Zertifizierung bestätigt, dass ein Unternehmen bestimmte internationale Standards und Normen in seinen Prozessen einhält. Diese Normen, festgelegt von der ISO (Internationalen Organisation für Normung), decken Bereiche wie Qualitätsmanagement, Umweltmanagement und Informationssicherheit ab.

Was ist die ISO 9001 ?

Die ISO 9001 ist ein international anerkannter Standard für Qualitätsmanagementsysteme. Die Norm wurde zuletzt in Jahre 2015 aktualisiert und wird auch als ISO 9001:2015 bezeichnet. Sie zielt darauf ab, Firmen dabei zu unterstützen, die Erwartungen und Wünsche ihrer Kunden zu erfüllen, die Qualität ihrer Produkte oder Dienstleistungen zu erhöhen und die Kundenzufriedenheit zu verbessern. „Die Zertifizierung kann für eine Unternehmensleitung eine tolle Möglichkeit sein, die eigene Organisation zu hinterfragen“, erläutert Petersen.

Ist die ISO 9001 Zertifizierung für Kleinunternehmen Pflicht?

Die ISO 9001 Zertifizierung ist in den meisten Branchen nicht gesetzlich vorgeschrieben, sondern eine freiwillige Zertifizierung. Allerdings gibt es bestimmte Branchen, in denen eine ISO 9001 Zertifizierung praktisch Pflicht ist, um Verträge abzuschließen oder an Ausschreibungen teilnehmen zu können. So verlangen viele Unternehmen in der Automobilbranche oder der Pharmaindustrie von ihren Lieferanten eine ISO 9001 Zertifizierung, um sicherzustellen, dass die gelieferten Produkte hohen Qualitätsanforderungen entsprechen.

Welche Vorteile hat eine ISO 9001 Zertifizierung?

„Viele Unternehmen betrachten die Zertifizierung als notwendiges Übel und nicht als Möglichkeit, ihre Abläufe wirklich zu verbessern,“ sagt Petersen. Mit der richtigen Herangehensweise kann die ISO 9001 jedoch viele Vorteile haben.

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Das Qualitätsmanagementsystem eines Unternehmens umfasst alle Strukturen, Prozesse und Werkzeuge, die mit der Einhaltung von Qualitätsstandards für Produkte und Dienstleistungen zu tun haben. ISO-Zertifiziererinnen und Zertifizierer prüfen, ob dieses System effektiv funktioniert und den internationalen Normen entspricht. „Ein Managementsystem ist der Instrumentenkoffer der Unternehmensführung, der dazu beiträgt, die Firma strukturiert und effizient zu steuern,“ erklärt Susanne Petersen. Sie spricht lieber von „bewährter Praxis“ statt von „Normen“, da es sich dabei um erprobte Methoden handelt, die Unternehmen helfen, ihre Abläufe reibungsloser zu gestalten.

Kleinunternehmen profitieren besonders von der ISO 9001-Zertifizierung. Ein gut implementiertes Qualitätsmanagement sorgt dafür, dass wiederkehrende Tätigkeiten routiniert und strukturiert ablaufen. Dies entlastet die Unternehmensleitung, die sich stärker auf den Aufbau und die Weiterentwicklung des Unternehmens konzentrieren kann.

Die ISO 9001 steigert außerdem die Kundenorientierung von Unternehmen, indem sie alle Aktivitäten auf den Kundenerfolg ausrichtet. Das erhöht wiederum die Kundenbindung und -zufriedenheit.

Wie ist der Ablauf einer ISO 9001 Zertifizierung?

Der Weg zur ISO-Zertifizierung beginnt mit der Analyse der aktuellen Prozesse und Strukturen des Unternehmens. „In jeder Firma gibt es ein Managementsystem. Schließlich wird das Unternehmen ja irgendwie geführt“, sagt Petersen, „es gibt ein Organigramm, Verantwortlichkeiten, Prozesse und so weiter.“ Die Prozesse seien in vielen kleinen Firmen oft nur nirgendwo standardisiert festgehalten.

Nach dieser Bestandsaufnahme folgt bei Bedarf die Anpassung oder Neugestaltung der Prozesse gemäß den Anforderungen der jeweiligen ISO-Norm. Anschließend folgen ein internes und abschließend ein externes Audit.

Was ist ein Audit?

Ein Audit ist ein zentraler Bestandteil des Zertifizierungsprozesses. Dabei werden die bestehenden Prozesse und Systeme eines Unternehmens überprüft, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen der ISO-Normen entsprechen.

Als internes Audit wird die Prüfung des Managementsystems sowie seiner Prozesse durch das Unternehmen selbst bezeichnet – beispielsweise durch Mitarbeitende des Unternehmens oder externe Auditoren und Auditorinnen, die auf Vertragsbasis engagiert werden.

Beim externen Audit bestätigt ein unabhängiger Zertifizierer beziehungsweise eine unabhängige Zertifiziererin, ob die Norm eingehalten wird.

 

Wie hoch sind die Kosten einer ISO 9001 Zertifizierung?

Die Kosten einer ISO-Zertifizierung können stark variieren und hängen von mehreren Faktoren ab:

  • Der Größe des Unternehmens
  • Der Branche, in der das Unternehmen tätig ist
  • Der Komplexität des Unternehmens und seiner Prozesse

Die Gesamtkosten einer ISO 9001 Zertifizierung lassen sich in drei Hauptbereiche unterteilen:

  • Zertifizierungskosten: Diese umfassen die Gebühren für die eigentliche Zertifizierung, einschließlich des Tagessatzes der unabhängigen Zertifizierer sowie eventueller Reisekosten für das Audit.
  • Implementierungskosten: Dies beinhaltet den internen Aufwand für die Einführung und Anpassung des Managementsystems innerhalb des Unternehmens.
  • Beratungskosten: Falls externe Beraterinnen oder Berater zur Unterstützung hinzugezogen werden, können zusätzliche Kosten für deren Dienstleistungen anfallen.

In der Regel bewegen sich die Kosten in einer Bandbreite von einigen tausend bis zu mehreren zehntausend Euro. Kleinunternehmen können mit niedrigeren Kosten rechnen, wenn sie bereits über gut strukturierte Prozesse verfügen und weniger externe Unterstützung benötigen.

Es gibt verschiedene Fördermöglichkeiten in diesem Bereich. Beispielsweise bietet das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Unterstützung für Kleinunternehmen an, indem es die Beratung zur Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems fördert.

Wie lang ist die Dauer einer ISO 9001 Zertifizierung?

Die Dauer einer ISO 9901 Zertifizierung kann je nach Größe und Komplexität des Unternehmens variieren. In kleinen Unternehmen, die bereits über ein gut strukturiertes Qualitätsmanagementsystem verfügen, kann es ein paar Monate bis zum ersten Zertifikat dauern. Wenn jedoch grundlegende Prozesse erst entwickelt oder angepasst werden müssen, kann die Zertifizierung bis zu einem Jahr oder länger in Anspruch nehmen.

Petersen betont jedoch, dass die Arbeit mit dem Erhalt des Zertifikats jedoch nicht endet, sondern dass es ein fortlaufendes Projekt sei. „Ein Qualitätsmanagement-System ist kein starres Konstrukt, sondern muss kontinuierlich weiterentwickelt und an die sich ändernden Anforderungen und Rahmenbedingungen angepasst werden.“

Die Expertin rät Unternehmen daher, die gelebte Praxis regelmäßig zu hinterfragen und gegebenenfalls an aktuelle Veränderungen anzupassen. „Nur so kann das Qualitätsmanagementsystem effektiv bleiben und langfristig Nutzen bringen“, sagt sie.

Was sind typische Fehler?

Ein Fehler, den viele kleine Unternehmen machen, ist laut Petersen die Übertragung der kompletten Verantwortung für die Zertifizierung an eine vom Unternehmen losgelöste Person – beispielsweise an eine Praktikantin oder einen externen Berater. „Ich habe schon einmal gesagt bekommen: Frau Petersen, wir brauchen das Zertifikat, aber belästigen Sie meine Leute nicht. Das funktioniert einfach nicht. Das sind Schmalspurlösungen.“ Petersen rät, die Zertifizierung als Investition zu betrachten, die langfristig durch effizientere Prozesse und eine bessere Marktposition ausgeglichen wird. Dafür müssen Geschäftsführung und das Team jedoch aktiv in den Zertifizierungsprozess eingebunden werden, um sicherzustellen, dass das System auch nach der Zertifizierung gelebt wird.

Zudem sollten Unternehmen nicht davor zurückschrecken, eigene Wege zu gehen und mit den Zertifiziererinnen und Zertifizierern zu diskutieren, was für die Firma am besten funktioniert. „Viele Unternehmen haben Angst, sich den Freiraum zu nehmen, da auch zu gestalten,“ erklärt Petersen. „Statt sich nur an starren Vorgaben zu orientieren, sollten Unternehmen mutig sein und ihre spezifischen Bedürfnisse in den Zertifizierungsprozess einbringen“, fordert die Expertin Petersen.

 

Wie überzeuge ich mein Team?

Ein häufiges Problem in Kleinunternehmen ist die fehlende Akzeptanz der ISO-Zertifizierung durch die Mitarbeitenden. Susanne Petersen betont, dass es entscheidend sei, das Team von Beginn an in den Prozess einzubinden und die Vorteile der Zertifizierung klar zu vermitteln. Dabei sollten Mitarbeitende nicht nur informiert, sondern aktiv an der Entwicklung und Anpassung der Prozesse beteiligt werden.

Durch das frühzeitige Einbeziehen des Teams fördern Unternehmen nicht nur die Akzeptanz, sondern profitieren auch vom wertvollen Wissen und der Erfahrung Ihrer Mitarbeitenden. Das führt zu praxisnahen Lösungen, die besser in den Arbeitsalltag integriert werden können. Zudem stärkt es das Verantwortungsgefühl und die Zugehörigkeit im Team, da die Mitarbeitenden sehen, dass ihre Meinungen und Vorschläge Gehör finden. „Menschen sind stolz auf sich, wenn sie ihre Kompetenz zeigen können“, sagt die Expertin.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, den Sie Ihrem Team verdeutlichen sollten, ist, dass verbesserte Prozesse ihre Arbeit erleichtern können. Effizientere Abläufe reduzieren nicht nur Fehler und Doppelarbeit, sondern sparen auch Zeit und senken den Stress im Arbeitsalltag. Es ist wichtig, dass das Team versteht, dass die Veränderungen langfristig zu einer besseren und angenehmeren Arbeitsumgebung führen können.

Welche anderen ISO Zertifizierungen gibt es?

Es gibt eine Vielzahl von ISO Zertifizierungen, die jeweils unterschiedliche Bereiche eines Unternehmens abdecken. Die bekanntesten sind:

  • ISO 14001: Umweltmanagementsysteme – Diese Norm hilft Unternehmen, ihre Umweltauswirkungen zu minimieren.
  • ISO 27001: Informationssicherheitsmanagementsysteme – Sie schützt die Informationswerte eines Unternehmens durch ein systematisches Risikomanagement.
  • ISO 45001: Arbeitssicherheits- und Gesundheitsschutzmanagement – Diese Norm legt Anforderungen an ein Arbeitssicherheitsmanagementsystem fest, um das Risiko von Unfällen und Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz zu verringern.

Fazit: Warum sollte ich mich zertifizieren lassen?

Eine ISO 9001 Zertifizierung kann für kleine Unternehmen ein wertvolles Werkzeug sein, um ihre Qualität zu verbessern, Prozesse zu verbessern und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Doch der Erfolg hängt davon ab, wie gut das Qualitätsmanagement in die tägliche Arbeit integriert wird und ob es gelingt, das Team für den Prozess zu gewinnen. „Es geht darum, ein System zu schaffen, das nicht nur den Anforderungen der Norm entspricht, sondern das Unternehmen wirklich voranbringt,“ fasst Susanne Petersen zusammen.

Durch die richtige Herangehensweise und ein klares Verständnis der eigenen Ziele kann eine ISO 9001 Zertifizierung in einem Kleinunternehmen also weit mehr sein als nur eine formelle Verpflichtung.

Zur Person
Susanne Petersen ist Expertin für betriebliche Managementsysteme nach DIN ISO und berät seit 25 Jahren Firmen bei der Einführung. In ihrem Podcast Mehr 'Ach so!' als ISO teilt sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen rund um Führung und Zusammenarbeit in Managementsystemen, und beleuchtet dabei praxisnah, wie Unternehmen Normen erfolgreich umsetzen können.
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