Kündigung nach Beleidigung
Diese rechtlichen Schritte sind bei Konflikten unter Mitarbeitenden erlaubt

Wann dürfen Sie Mitarbeitende abmahnen oder ihnen kündigen, wenn diese Kollegen beschimpfen oder beleidigen? Eine Arbeitsrechtlerin klärt auf.

26. Juni 2024, 12:27 Uhr, von Verena Bast, Wirtschaftsredakteurin

Kündigung nach Beleidigung
Nicht jedes böse Wort rechtfertigt einen Rauswurf: Was Sie zur Kündigung nach einer Beleidigung wissen müssen.
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Was gilt als Meinungs­äußerung?

Ob Sie als Chef oder Chefin gegen die Aussage eines Mitarbeiters arbeitsrechtliche Schritte einleiten können, hängt davon ab, ob es sich noch um eine Meinungsäußerung eines Team­mitglieds oder schon um eine ­Beleidigung handelt. Eine Meinungsäußerung beziehungsweise Tatsachenbehauptung wäre beispielsweise, wenn ein Mitarbeiter einen Kollegen lautstark mit diesen Worten anraunzt: „So eine Scheiße, jetzt hast du schon wieder Mist gebaut!“

Wann dürfen Arbeitgeber ­einem Mitarbeiter kündigen?

Verletzt ein Mitarbeiter erheblich die Ehre eines Kollegen oder Vorgesetzten, handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts um eine grobe Beleidigung. In solchen Fällen können sich Beschäftigte nicht mehr auf ihr Recht auf freie Meinungsäußerung berufen. Sagt ein Beschäftigter beispielsweise wiederholt „Als Chef sind Sie ein Ass, als Mensch ein Arschloch“, sind Arbeitgeber berechtigt, den Mitarbeiter fristlos zu kündigen. Das gilt insbesondere, wenn das Unternehmen befürchten muss, dass der Beschäftigte seine Aus­sage wiederholt.

Eine vorherige Abmahnung sei nicht zwingend notwendig, sagt Arbeitsrechtlerin Alexandra Groth von der Kanzlei Oppenhoff in Köln. Bei erheb­lichen Ehrverletzungen gelte dies selbst für Branchen, in denen ­häufig ein rauerer Umgangston herrscht, wie beispielsweise der Baubranche.

Zwar dürfen Arbeitnehmer auch öffentlich Kritik am Arbeitgeber oder den betrieblichen Verhältnissen äußern, auch überspitzt oder polemisch. Grob unsachliche Angriffe, die beispielsweise die Position des Arbeitgebers, eines Vorgesetzten oder Teammitglieds untergraben, müssten Unternehmen jedoch nicht hinnehmen, betonte das Landes­arbeitsgericht Köln in seinem Urteil (Az.: 9 Sa 1623/05).

Ob eine grobe Beleidigung wirklich zur Kündigung berechtigt, hängt jedoch von weiteren Faktoren ab. Eine Rolle spielt etwa, wie lange der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin bereits im Unternehmen beschäftigt ist und wie das Arbeitsverhältnis bislang war. Auch auf den Verlauf des Dialogs und die Branche kommt es an. Bevor Arbeitgeber einem Teammitglied kündigen, sollten sie sich daher rechtlich beraten lassen.

Was ist bei Beleidigungen in sozialen ­Medien wie Whatsapp?

Soziale Netzwerke sind keine rechtsfreien Räume, in denen Beschäftigte ihre Kollegen oder Vorgesetzten folgenlos beleidigen können. Äußern sich Beschäftigte in privaten Whatsapp-Gruppen stark beleidigend, rassistisch oder sexistisch über Arbeitskollegen oder Vorgesetzte, können Arbeitgeber ihnen fristlos kündigen. Das entschied 2023 das Bundesarbeitsgericht (Az.: 2 AZR 17/23).

Eine Kündigung sei nur ausnahmsweise dann nicht gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer sicher davon ausgehen könne, dass der Chatverlauf vertraulich bleibt, so die Richter. Besteht die Chatgruppe aus sieben Personen, von denen drei sich gar nicht an den Gesprächen beteiligten, gebe es diese „Vertraulichkeits­erwartung“ aber nicht.