Emils Bio-Manufaktur
„Kritiker haben gesagt: Das funktioniert doch nie“

Seit 2009 produziert Emils Bio-Manufaktur Dressings ohne Zusatzstoffe. Wo steht das Unternehmen von Michael Wiese und Jens Wages heute? Und konnte es sich gegenüber der Konkurrenz behaupten?

15. Oktober 2020, 16:09 Uhr, Von Katja Scherer

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2009 gründete Michael Wiese das Lebensmittelunternehmen Emils Bio-Manufaktur
© Alnatura, Fotograf: Marc Doradzillo

Der Schritt ins Unternehmertum begann für Michael Wiese im Jahr 2009 mit einem Brainstorming. Der ehemalige Supply-Chain-Berater hatte gerade gekündigt, um sich mit einem langjährigen Freund, Jens Wages, selbstständig zu machen. Ihre Begeisterung fürs Kochen brachte sie auf die Idee, ins Lebensmittelgeschäft einzusteigen. Seitdem stellen sie mit ihrer Firma Emils Salat-Dressings, Ketchup, Senf und vegane Mayonnaise her, und zwar komplett ohne Zusatzstoffe. Das soll gesünder sein und besser schmecken – hat aber auch seinen Preis.
impulse: Herr Wiese, durch die Coronakrise essen Verbraucher mehr zu Hause. Profitiert Ihr Unternehmen davon?

Michael Wiese: Ja. Wir verkaufen unsere Produkte vor allem in Supermärkten, weniger an Gastronomen. Und offenbar essen Menschen im Homeoffice gern Salate mit gesundem Dressing. Daher lag unser Umsatz im März und April etwa 20 Prozent über dem Vorjahreszeitraum.

Die Konkurrenz im Lebensmittelhandel ist groß. Wie schwierig war es, in diesem Bereich Fuß zu fassen?

Wir setzen keinerlei Zusatzstoffe ein, produzieren in Bioqualität und verarbeiten viele unserer Produkte schonend, also ohne sie zu erhitzen. Solche Dressings gab es vor zehn Jahren noch gar nicht auf dem Markt. Wir hatten also von Anfang an ein Alleinstellungsmerkmal. Das hat sehr geholfen. Dennoch war es ein langer Weg.

Was waren Ihre größten Herausforderungen?

Zunächst die Produktentwicklung. Ein Dressing ohne Zusatzstoffe für viele Monate haltbar zu machen ist gar nicht so einfach. Wir haben ein Jahr lang bei uns zu Hause Dressing um Dressing angerührt und analysiert, auch mithilfe der Universität Hohenheim. Als die ersten beiden Saucen fertig waren, haben wir sie auf der Branchenmesse „Biofach“ vorgestellt.

Kam das gut an?

Ja, absolut. Wir haben sogar einen Preis für das beste neue Produkt gewonnen. Trotzdem bleibt es ein langer Weg, bis man bei Großhändlern ins Sortiment kommt. Die Händler schauen sich neue Produkte sehr genau an, bevor sie sie listen. Wir sind dann immer wieder zu Messen gefahren, haben Kontakte gepflegt und Proben verschickt. So ging es langsam, aber kontinuierlich bergauf. Inzwischen sind wir im deutschen Bio-Fachhandel breit vertreten.

Haben die Kunden Ihr Produkt von Anfang an nachgefragt?

Anfangs hat bei uns eine 250-Milliliter-Flasche Dressing 4,99 Euro gekostet. Da gab es schon Erklärungsbedarf und auch Kritiker, die gesagt haben: Das funktioniert doch nie. Hat es aber. Wir haben unsere Dressings regelmäßig mit Info-Ständen in Supermärkten vorgestellt. Das hat viele Kunden überzeugt. Inzwischen haben wir den Herstellungsprozess zudem leicht vereinfacht, sodass wir den Preis um einen Euro senken konnten.

Haben Sie Wachstumskapital aufgenommen, etwa fürs Marketing?

Nein. Wir haben am Anfang gemeinsam 25 000 Euro als Stammeinlage für unsere GmbH erbracht und uns die ersten fünf bis sechs Jahre kaum Gehalt ausgezahlt. So konnten wir aus den laufenden Umsätzen heraus wachsen, jedes Jahr um mindestens 25 bis 30 Prozent. Ganz am Anfang haben wir kurz überlegt, Investoren dazuzunehmen – haben das aber schnell verworfen.

Warum?

Je schneller man wächst, desto eher leidet die Produktqualität. Vermutlich hätten wir dann den Essig, den wir für unsere Dressings nehmen, nicht mehr extra für uns zubereiten lassen können, aus selbst ausgewählten Weinen und Säften. Sondern wir hätten irgendeinen Essig zukaufen müssen, der gerade auf dem Markt in großer Menge verfügbar ist. Oder wir hätten vielleicht Aufträge an Lohnfertiger vergeben müssen, die anders als wir hochindustriell produzieren. Das wollen wir nicht. Uns ist organisches Wachstum lieber.

Was sind Ihre nächsten Ziele?

Wir werden ins angrenzende Ausland expandieren – zum Beispiel nach Frankreich, die Schweiz und die Niederlande. Und wir erweitern unser Sortiment um eine neue Sauce. Außerdem sind wir inzwischen in einigen Rewe- und Edeka-Märkten vertreten. Erfreulicherweise gibt es immer mehr Kunden, die hochwertig hergestellte Lebensmittel zu schätzen wissen. Durch die Coronakrise hat das noch mal zugenommen. Diese Chance wollen wir nutzen.


Steckbrief

  • Name, Alter: Michael Wiese, 44
  • Firma: Emils Bio-Manufaktur (Wageswiese GmbH)
  • Gründungsdatum: 1. Juni 2009
  • Standort: damals Stuttgart, heute Freiburg
  • Erster Businessplan: 2009
  • Erstmals in impulse: Februar 2013

Plan und Realität

Damals (2009)

  • Umsatzerwartung (für 2019): 2-4 Mio. €
  • Gewinnerwartung (für 2019): 5 bis 10 Prozent vom Umsatz
  • Mitarbeiter: 0
  • Büro- und Lagerfläche: Büro in einem Shared Space
  • Urlaubstage: 5 bis 10
  • Auto: VW Polo Fancy,1987 (Privatwagen)

Heute

  • Umsatz (2019): 1-2 Mio. €
  • Gewinn (2019): circa 50.000 €
  • Mitarbeiter: 8
  • Büro- und Lagerfläche: circa 450 m2
  • Urlaubstage: 28
  • Auto: Mercedes Viano, 2012
  • Früher dachte ich, … wenn viele Leute eine Idee kritisieren, muss man nachjustieren.
  • Heute weiß ich, … erfolgreich wird, wer seiner Sache treu bleibt.
  • Wenn ich nicht gegründet hätte, … wäre ich Wirtschaftsingenieur geblieben.
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