CO2-Kompensationsanbieter
6 Anbieter, bei denen Firmen ihren CO2-Ausstoß ausgleichen können

Jede Firma trägt zum Klimawandel bei, indem sie Co2 ausstößt und Müll verursacht. Die Umweltverschmutzung lässt sich kompensieren. Was es bringt, welche Anbieter es gibt und was der Ausgleich kostet.

23. August 2022, 09:36 Uhr, Von Marilena Piesker und Celine Schäfer

CO2-Ausstoß kompensieren
© knallgrün / photocase.de

Inhalt: Das erwartet Sie in diesem Artikel

Das Berliner Unternehmen Photocad arbeitet nach eigenen Angaben seit 2016 klimaneutral. Das heißt, dass von dem Hersteller von SMD-Schablonen, die für die Leiterplattenproduktion gebraucht werden, kein CO2-Ausstoß ausgeht – zumindest rein rechnerisch.

Um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren, vertreibt Photocad etwa umweltfreundliche Reinigungsmittel für die Schablonen, benutzt wiederverwendbare Verpackungen und stellt den zehn Teammitgliedern Diensträder bereit, damit sie aufs Auto verzichten. „Aber ein gewisser Rest CO2 bleibt eben“, sagt Axel Meyer, Vertriebsleiter bei Photocad.

96 Tonnen Kohlenstoffdioxid hat Photocad 2021 in die Luft abgelassen. Um diese Menge zu kompensieren, finanziert die Firma ein Trinkwasserprojekt in Kenia mit. So kommt der Betrieb auf die grüne Null.

Mittlerweile versucht fast jede vierte kleine und mittelständische Firma wie Photocad, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, zeigt eine Studie der Universität Kassel und der Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima von 2021. Doch die meisten wissen laut Befragung nicht, wie sie ihren eigenen CO2-Ausstoß errechnen und diesen ausgleichen können.

Tatsächlich ist das sehr kompliziert und ohne Hilfe kaum zu schaffen. Deshalb gibt es Firmen und Organisationen, die das für einen tun. Sie heißen Atmosfair, Primaklima oder Climatepartner. Mit letzter arbeitet Photocad zusammen.

Erst Verschmutzung vermeiden, dann kompensieren

Die Anbieter errechnen Emissionen, die etwa durch Energieverbrauch, Logistik und Transport, Dienstreisen oder auch Fahrten von Angestellten zur Arbeit entstehen. Dann zeigen die Klimaschutzspezialisten, wie sich der CO2-Ausstoß vermeiden lässt. Ist das Potenzial ausgeschöpft, können die nicht vermeidbaren Emissionen kompensiert werden, indem Firmen Geld für Klimaschutzprojekte spenden, etwa die Aufforstung von Wäldern.

Kauft man sich damit nicht von seiner Verantwortung frei? Klimaschutzexperte Marcel Kruse vom Umweltbundesamt betont, echter Klimaschutz bestehe darin, als Allererstes Verschmutzungen zu vermeiden und erst dann zu kompensieren. Er hält die Angebote für sinnvoll, solange diese bestimmte Kriterien einhalten.

„Je detaillierter der CO2-Fußabdruck kalkuliert wird, desto besser“, sagt er. Andreas Ziegler, Professor für empirische Wirtschaftsforschung an der Universität Kassel, rät dazu, sich auch die Organisationen anzuschauen: „Die Spenden sollten nur für Projekte eingesetzt werden, durch die tatsächlich CO2-Emissionen reduziert werden“, sagt er. Vage Formulierungen wie „Wir unterstützen mit den Zahlungen den Regenwald“ sollten stutzig machen.

Wir stellen sechs Kompensationsanbieter vor, zeigen, wie der Ausgleich funktioniert und was der Service kostet.

Codyo und Klimakarl

Für wen eignet sich das Angebot?

Firmen, die Beschäftigte in Klimaschutzmaßnahmen einbinden wollen.

Wie funktioniert das Angebot?

Die Codyo-Klima-App ist ein kostenloses Angebot des Energiekonzerns EWE aus Oldenburg und zielt vor allem darauf ab, den CO2-Ausstoß zu ermitteln und zu reduzieren. Über die kostenlose App werden die Treibhausgasemissionen von Unternehmen erfasst, zum Beispiel, die bei der Produktion entstehen oder die der Betrieb indirekt erzeugt, etwa durch den Einkauf von Fernwärme und Strom.

Das Besondere an der App ist, dass sich diese auch alle Teammitglieder herunterladen können, um zum Beispiel Emissionen zu erfassen, die berufsbedingt entstehen, etwa bei Fahrten zur Arbeit. Die Daten können die Beschäftigten untereinander und mit der Firma teilen. So kann sich die Belegschaft ein CO2-Ziel für die Firma überlegen, das alle versuchen, gemeinsam zu erreichen.

Wer zum Beispiel sieht, dass er durch Autofahrten zum Büro mehr Kohlenstoffdioxid ausstößt als die Kollegen, die mit dem Fahrrad anreisen, ist vielleicht eher bereit, das Auto auch mal stehen zu lassen und zur Arbeit zu radeln oder im Homeoffice zu bleiben. Optionen, CO2 auszugleichen, bietet Codyo nicht. codyo.app

Eine Alternative ist der Anbieter Klimakarl aus Bremen. Hier treten die Teams sogar in einem Wettbewerb gegeneinander an und tragen drei Wochen lang verschiedene Aktivitäten ein, etwa ihren Arbeitsweg oder ihren Kaffeekonsum. Am Ende gibt es ein Gewinnerteam – und das Unternehmen erhält einen Abschlussbericht, inklusive der CO2-Einsparungen. Die Nutzungen der Plattform kostet ab 10 Euro pro Person plus Zugangsgebühr. klimakarl.de

Atmosfair

Für wen eignet sich das Angebot?

Unternehmen, deren Teammitglieder häufig Dienstreisen mit dem Flugzeug machen.

Wie funktioniert das Angebot?

Atmosfair aus Bonn hat ein Berechnungstool entwickelt, um die Menge von Treibhausgasen durch eine Flugreise zu ermitteln. Firmen können das Angebot nutzen, indem sie alle Dienstreisen in den Online-Rechner auf der Website von Atmosfair eingeben.

Das Programm errechnet dann, wie viel Treibhausgase eine Flugreise verursacht hat und was es kostet, diesen Ausstoß über ein zertifiziertes Klimaschutzprojekt auszugleichen. Ein Beispiel: Ein Hin- und Rückflug von Frankfurt nach Athen verursacht 712 Kilogramm CO2, der Ausgleich kostet 17 Euro. Kunden können sich dann das Projekt aussuchen, in das das Geld fließt, etwa in den Bau von Biogasanlagen in Nepal.

Der Betrag kann sofort über die Website bezahlt werden. Außerdem können Firmen pauschal CO2-Mengen angeben, die sie monatlich oder jährlich kompensieren wollen. Die Nutzung des Tools ist kostenlos, als gemeinnützige GmbH finanziert sich das Unternehmen vor allem über Spenden. atmosfair.de

Primaklima

Für wen eignet sich das Angebot?

Betriebe, die Wälder schützen wollen.

Wie funktioniert das Angebot?

Der gemeinnützige Verein Primaklima aus Bergisch Gladbach setzt sich für den Schutz und den Aufbau von Wäldern ein, etwa für Torfmoorwälder in Indonesien oder eine Wiederaufforstung in Uganda. Daran können sich Firmen finanziell beteiligen.

Doch zunächst hilft Primaklima Betrieben, ihre Emissionen zu ermitteln. Hierfür stellt die Organisation ein Berechnungstool zur Verfügung. Stößt ein Betrieb zum Beispiel 100 Tonnen CO2 pro Jahr aus, kann dieser zum Ausgleich Zertifikate kaufen. Ein Zertifikat entspricht einer Tonne CO2 und kostet 27 Euro. In dem Beispiel müsste ein Unternehmen also 100 Stück für 2700 Euro kaufen. Mit dem Geld finanziert Primaklima die Betreuung der Projekte und deckt eigene Kosten, wie etwa die Löhne der Angestellten und Büromiete, ab. primaklima.org

Climatepartner

Für wen eignet sich das Angebot?

Betriebe, die Produkte und Dienstleistungen als klimaneutral auszeichnen wollen.

Wie funktioniert das Angebot?

Climatepartner aus München arbeitet eher wie ein Beratungsunternehmen. Der Anbieter ermittelt über ein eigens entwickeltes Softwaretool, wie hoch die Emissionen des Unternehmens sind. Der Ausstoß wird nach verschiedenen Quellen aufgeschlüsselt und analysiert.

Der Bericht dient dann als Grundlage für die Entwicklung einer umfassenden Klimaschutzstrategie in Richtung grüne Null. Die Berater zeigen zum Beispiel auf, wie die Firma Luftverschmutzung durch verschiedene Maßnahmen reduzieren kann.

Für nicht vermeidbare Emissionen schlägt Climatepartner Kompensationsmöglichkeiten vor, etwa das Wasserprojekt in Kenia, das zum Beispiel das Berliner Unternehmen Photocad finanziell unterstützt.

Wer seine Emissionen durch Climatepartner vollständig ausgeglichen hat, kann dann das Label „Klimaneutral“ verwenden, etwa in der Mail-Signatur, auf Verpackungen, auf der Firmenwebsite oder für Werbebroschüren. Der Preis variiert je nach Emissionsmenge, hinzu kommen Kosten für die Beratung und Bilanzierung. Das Unternehmen Photocad etwa zahlt 2500 Euro pro Jahr für die Kompensation. climatepartner.com

Everwave

Für wen eignet sich das Angebot?

Unternehmen, bei denen viel Plastikmüll anfällt.

Wie funktioniert das Angebot?

Bei Everwave aus Aachen können Firmen nicht ihren CO2-Ausstoß kompensieren, sondern ihren Müllfußabdruck reduzieren – denn auch Plastik belastet die Umwelt. Das Start-up fischt mit selbst entwickelten Spezialbooten den Müll aus Flüssen, Seen und dem Meer. Der gesammelte Müll wird recycelt oder dem ökologisch sinnvollsten Entsorgungssystem zugeführt.

Unternehmen, die ihren angefallenen Abfall kompensieren möchten, müssten zunächst die Menge selbst ermitteln. Bei Everwave können Firmen sogenannte „Plastic Credits“ für einen Euro pro Einheit erwerben. Mit einem Credit lässt sich ein Kilo Müll kompensieren. Bedeutet: Wenn ein Unternehmen 100 Kilo Müll verursacht, kostet der Ausgleich 100 Euro.

Betriebe erhalten als Beleg neben einer Auftragsbestätigung auch Bilder und Videos, die sie in der Unternehmenskommunikation verwenden können. everwave.de

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