Kurze Pausen
Stopp! Wie Sie durch Mini-Pausen effektiver arbeiten

Wer unermüdlich arbeitet, schafft besonders viel? Ein Trugschluss! Warum Arbeitspausen so wichtig sind und wie eine kluge Pausengestaltung bei der Arbeit aussieht. Plus: 7 Ideen für kurze Pausen.

11. Juli 2024, 10:10 Uhr, von Kathrin Halfwassen, Redakteurin

Eine liegt mit dem Rücken über einem Gymnastikball
Sich einfach mal hängen lassen: Kurze Pausen steigern die Produktivität.
© Symphonie / The Image Bank RF / Getty Images

Zwischendurch mal den Stift weglegen und abschalten: Falls Ihnen das auch schwerfällt – Sie sind damit nicht allein. So liegt etwa laut einer Studie die durchschnittliche Mittagspause der Beschäftigten in Deutschland mit 31 Minuten knapp unter dem internationalen Durchschnitt von 35 Minuten.

Auf regelmäßige kurze Pausen verzichten viele sogar komplett. Weshalb Sie daran etwas ändern sollten und wie genau Sie sinnvoll Pause machen – das Wichtigste im Überblick.

Pausen lernen: Wie gelingt das?

Warum ist es für viele solch eine Herausforderung, überhaupt Mini-Pausen zu machen, insbesondere für Führungskräfte? „Wir sind darauf sozialisiert, viel zu arbeiten. Das sind psychologische Muster, die calvinistischen Vorstellungen folgen wie: ‚Erst die Arbeit, dann das Vergnügen‘“, erklärt Astrid Klink, Coachin aus Wunstorf mit dem Schwerpunkt Gesundheit und Resilienzentwicklung.

Deshalb gebe es viele Menschen, die zuerst wieder lernen müssten, zu erkennen, wann sie leistungsfähig sind, wann nicht. Wann sie Durst verspüren oder sich ihr Körper nach Bewegung sehnt. Wann also eine Mini-Auszeit nützlich wäre. „Hier gilt es dann, sich erstmal neu zu sensibilisieren für die Symptome des eigenen Körpers. Also sich regelmäßig zu fragen: ‚Wie geht es mir gerade, was brauche ich jetzt?‘ Und anschließend zu versuchen, sich an kurze regelmäßige Pausen zu gewöhnen.“

Und was hilft Menschen konkret, wenn es ihnen leichterfällt, sich zum Durchschuften zu motivieren als dazu, zumindest ganz kurz mal Pause zu machen? Klink empfiehlt, einen Fitnesstracker oder Ähnliches anzulegen. „Viele dieser Wearables haben Funktionen, um das Stressniveau anzuzeigen. Wer dann beispielsweise eine Atemübung macht, kann direkt ablesen, wie entspannend diese wirkt. Das macht es leichter, anzuerkennen, wie sinnvoll kurze Pausen sind, und dem eigenen Pausenbedürfnis öfter nachzugeben.“

Warum kurze Arbeitspausen so wichtig sind

„Wer einfach durcharbeitet und nicht regelmäßig auch mal kurze Pausen einlegt, wird träger, unkonzentrierter, schafft am Ende weniger – und riskiert langfristig seine Gesundheit“, sagt Klink.

Um dem entgegenzuwirken helfen der Expertin zufolge schon kurze Arbeitspausen von fünf bis zehn Minuten, um den Körper zur Ruhe zu bringen, die Stressreaktionen des Körpers herunterzufahren und auf diese Weise die Leistungskurve wieder anzuheben. Einzige Voraussetzung: „Wir müssen dafür sorgen, dass unser Organismus die Mini-Auszeiten auch wirklich als Pausen wahrnimmt“, so Klink (mehr dazu im Abschnitt „Richtig Pause machen – 4 Tipps“).

Kurze Pausen sind laut der Expertin bei allem wichtig, was Menschen tun – egal, ob es sich um den Job handelt, um Care-Arbeit oder auch um ein Hobby. „Wann immer Sie merken: ‚Oh, jetzt wird es etwas anstrengend‘, ist das ein Signal, für ein paar Minuten kürzer zu treten“, sagt Coachin Klink.

Das bewirken kurze Pausen im Körper

Während Menschen aktiv sind, ist im Organismus der sogenannte Sympathikus am Ruder – jener Teil des autonomen Nervensystems, der für Stressreaktionen zuständig ist. Wenn wir dagegen Pause machen, übernimmt dessen Gegenspieler, der sogenannte Parasympathikus. Dadurch

  • baut der Körper Stresshormone wie etwa Cortisol ab;
  • werden vermehrt stimmungsaufhellende Hormone wie Serotonin freigesetzt;
  • sinkt der Puls und die Herzratenvariabilität, also die Anpassungsfähigkeit des Herzens an unterschiedliche Belastungen, nimmt zu;
  • kommt die Bauchspeicheldrüse zur Ruhe;
  • werden das Verdauung- und das Immunsystem aktiviert (diese sind blockiert, wenn der Sympathikus aktiv ist).

So schaden zu wenige Pausen dem Organismus

Stress gilt laut der Weltgesundheitsorganisation als eigenständiger Risikofaktor für beinahe alle Zivilisationskrankheiten. Zum einen, weil es den Organismus belastet, wenn der Sympathikus dauerhaft aktiviert ist. Zum anderen, weil ein Alltag im Powermodus mit zu wenigen kurzen Pausen häufig einen insgesamt ungünstigen Lebensstil befördert: Menschen essen dann häufig ungesünder, trinken mehr Kaffee und Alkohol, dazu schlafen sie schlechter als Personen, die ausreichend Pause machen.

„Die Studien zeigen klar: Wer keine oder zu wenige Pausen macht und damit über weite Strecken des Tages im Daueranspannungs-Modus ist, weist ein erhöhtes Risiko insbesondere für Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf, aber auch für Diabetes, Krebs und entzündliche Erkrankungen“, sagt Klink.

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Zudem riskierten Menschen, die über Monate und Jahre hinweg ihr Pausenbedürfnis ignorieren, einen Burn-out. Dieser kann sich auch als stiller Burnout äußern.

Warum wirken viele kurze Pausen besser als wenige lange?

Viele Mini-Breaks helfen, produktiver zu arbeiten. Doch wieso? „Einfach deshalb, weil nach 45 Minuten unser Arbeitsspeicher im Hirn meistens schon voll ist. Spätestens nach 90 Minuten aber brauchen wir eine zehnminütige Pause, damit der Organismus in die Erholungsphase kommt und in der Folge die Leistungsfähigkeit wieder ansteigen kann“, erklärt Coachin Klink.

Verzichteten Menschen darauf, vergrößere sich das Pausenbedürfnis – und zwar überproportional. „Wer zum Beispiel 180 Minuten durcharbeitet, braucht danach nicht nur 20 Minuten Pause, sondern 30“, so Klink.

Grundsätzlich gelte bei kurzen Pausen das Motto: Alles ist besser als nichts. „Sich bewusst einmal aufzurichten oder kurz aufzustehen, sich zu strecken oder auch nur eine Minute tief ein- und auszuatmen, ist besser als gar keine Arbeitspause“, erklärt Klink.

Richtig Pause machen – 4 Tipps

Wie gut kurze Pausen wirken, hängt auch von der Pausengestaltung ab. Um Mini-Pausen optimal zu nutzen, empfiehlt Astrid Klink, vor allem auf die folgenden vier Aspekte zu achten.

1. Das Prinzip des Ausgleichs beachten

Damit unser Körper eine kurze Pause als Gelegenheit zur Erholung erkennt und die Stressreaktionen runterfährt, muss sich die Auszeit deutlich von dem unterscheiden, was wir während der Arbeit tun. „Es gilt: Eine Pause ist ein Ausgleich – kein Mehr vom Selben“, erklärt Klink.

Wer also im Beruf viel sitzt, sollte sich in den Pausen bewegen, idealweise an der frischen Luft, um sich richtig erholen zu können. Und nicht einfach nur vom PC auf das Smartphone wechseln, um dort die Nachrichten zu checken. Das Mindeste sei, so Klink, kurz aufzustehen und im Stehen oder Gehen eine kleine Bewegungs- oder Atemübung durchzuführen.

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Wer dagegen körperlich hart arbeitet, etwa in der Pflege, könnte sich beispielsweise hinsetzen und ein paar Minuten meditieren, lesen oder Musik hören.

2. Die Umgebung wechseln

„Wer dort Pause macht, wo er arbeitet, bleibt mehr unter Anspannung als eine Person, die sich ein anderes Setting sucht – das lässt sich hormonell messen“, sagt Expertin Klink. Einmal die Treppe runter und wieder hoch ist also eine bessere Idee als die Gymnastikübung vorm PC – und der Plausch mit dem Kollegen in der Kaffeeküche erholsamer als der Cappuccino am eigenen Schreibtisch. „Letzteres würde unser Organismus nicht als Pause verstehen, sondern schlicht als Nahrungsaufnahme“, so Klink.

3. Die Macht des Tageslichts nutzen

Einmal zehn Minuten um den Block laufen: Was nach Klischeepause klingt, ist in Wahrheit eine ideale Mini-Auszeit. Denn: „Unser sogenannter zirkadianer Tag-Nacht-Rhythmus, der beispielsweise reguliert, wann wir müde sind, wann wach und leistungsfähig, wird hauptsächlich über das Licht gesteuert. Und funktioniert nur dann richtig effektiv, wenn wir uns regelmäßig im Tageslicht aufhalten“, erklärt Coachin Klink. Insgesamt eine Dreiviertelstunde am Tag sollte es mindestens sein.

4. Auf Multitasking verzichten

Wer Arbeitspausen einlegt, sollte sie mit allen Sinnen erleben – auch, wenn diese nur darin bestehen, auf dem Balkon einen Kaffee zu trinken. „Wer nebenbei noch einen Podcast hört oder die Newsseiten checkt, schaltet nicht wirklich ab und der Erholungseffekt ist viel geringer“, so Klink. Besser: Jeden einzelnen Schluck Kaffee wahrnehmen, spüren, wie er durch die Kehle in den Magen fließt, den Duft und den Geschmack genießen.

Pausen im Alltag: 7 Ideen für kurze Pausen

1. Bewusst in den Bauch atmen

Für eine gewisse Zeit tief ein- und auszuatmen, gehört zu den effektivsten Methoden, um sich zu entspannen und in stressigen Situationen Ruhe zu bewahren. Es gibt dabei verschiedene Rhythmen. Grundsätzlich empfiehlt Coachin Klink, etwa eineinhalb Mal länger aus- als einzuatmen – also etwa beim Einatmen bis zwei zu zählen und dann beim Ausatmen bis drei.

Auch beliebt ist die 4-7-8-Technik: Hier atmen Sie für vier Sekunden ein, halten den Atem für sieben Sekunden an und atmen dann über acht Sekunden aus. Diese Abfolge verlangsamt einer Studie zufolge den Puls und senkt den Blutdruck.

2. Mini-Workout einlegen

Ob ein kurzer Yoga-Flow, fünf Liegestütze oder Kniebeuge, 90 Sekunden im Unterarmstütz oder zweimal schnell die Treppen im Bürogebäude hoch und runter: Den Kreislauf auf Touren zu bringen, baut Stresshormone effektiv ab – und ist besonders günstig für Menschen, die den Körper bei der Arbeit nicht oder kaum beanspruchen.

3. Den Baum umarmen

Bei dieser Übung stellen Sie sich gerade hin und stellen sich dann vor, Sie würden den Stamm eines dicken alten Baums mit den Armen umgreifen: Spannen Sie dabei Ihre Muskeln fest an, halten Sie die Spannung zwei tiefe Atemzüge lang und lösen Sie diese dann. Anschließend können Sie sich über ihre Beine nach vornüber beugen und sich ein bisschen hängen lassen. „Diese Übung beruht auf dem Prinzip der Progressiven Muskelentspannung, ist extrem einfach, lässt sich fast überall machen – und die allermeisten finden sie super angenehm“, so Klinks Erfahrung.

4. Sich ausschütteln

Für diese bewegte kurze Pause stellen Sie sich hüftbreit auf und schütteln nacheinander jedes Gelenk im Körper einmal aus – angefangen beim Handgelenk über die Ellenbogen und Schultern und von den Füßen über die Knie bis zu den Hüften. „Das hilft, Energie rauszulassen, und für die Beweglichkeit der Gelenke ist es auch gut“, sagt Expertin Klink.

5. Abrollen

Für diese Mini-Übung stellen Sie sich gerade hin, die Füße hüftbreit auseinander. Während Sie tief ein- und ausatmen, führen Sie das Kinn zur Brust und rollen nach vorne ab, als wollten Sie sich über einen großen Ball beugen. Lassen Sie dabei Ihre Hände langsam die Oberschenkel hinuntergleiten. Beugen Sie Sie Knie und ziehen Sie die Bauchmuskulatur etwas ein. Diese Position ein paar Atemzüge lang halten und langsam wieder nach oben kommen.

6. Dankbar sein

Es muss nicht immer eine Bewegungsübung sein. Auch Journaling ist eine Möglichkeit, Mini-Pausen klug zu nutzen. Nehmen Sie sich dazu einen Stift und einen Zettel oder ein Heft und suchen Sie sich einen ruhigen Platz. Notieren Sie dann die Dinge, für die Sie dankbar sind (etwa Freundschaften, persönliche Eigenschaften, schöne Erinnerungen, etc.). Ein solches Dankbarkeitstagebuch regelmäßig zu führen, kann nachweislich Stress mindern.

7. Kleine Aufgaben erledigen

Die Wäsche abnehmen, Gemüse für den Salat am Abend schnippeln oder Einkaufen gehen: „Kurze Pausen dürfen ruhig einen Nutzen haben“, sagt Coachin Klink. „Allerdings kommt es auf die innere Einstellung dazu an: darauf, dass Sie die Aufgabe wirklich als kleine Auszeit wahrnehmen, etwa, weil Sie den Duft der frischen Wäsche genießen und es schätzen, kurz vom Schreibtisch wegzukommen. Und diese Beschäftigung nicht als weiteres To-do betrachten, mit dem Sie innerlich hadern“, erklärt die Expertin.

Quellen:

Global Eating at Work Survey 2023: https://www.compass-group.com/en/media/news/2023/GEAW-GiveUsABreak.html, abgerufen am 8.7.2024.

Vierra J et al. Effects of sleep deprivation and 4-7-8 breathing control on heart rate variability, blood pressure, blood glucose, and endothelial function in healthy young adults. Physiol Rep. 2022;10(13):e15389. doi:10.14814/phy2.15389, abgerufen am 8.7.2024.

Collard, Patrizia (2016): Das kleine Buch vom achtsamen Leben, Heyne Verlag.

Froböse, Ingo (2016): Power durch Pause, GU Verlag.

Die Expertin
Bild der Coachin Astrid KlinkAstrid Klink bietet Coachings im Bereich Gesundheit und Resilienzentwicklung an, unter anderem mit Bio-Feedback, sowie Trainings zur Betrieblichen Gesundheitsförderung. Dabei zeigt sie, wie Menschen nachhaltig entspannen können – etwa mit kurzen Pausen.

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