Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung
Diese Buchhaltungs-Regeln müssen Unternehmer kennen

Die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung, kurz: GoBD, sind ein komplexes Werk voller Regeln. Und trotzdem müssen Unternehmer sie alle kennen - zumal sich die Vorgaben geändert haben.

3. August 2020, 15:41 Uhr, Von Bernhard Köstler

© Jorg Greuel / DigitalVision / Getty Images

Die Digitalisierung ist nicht zu bremsen, und vor allem macht sie nicht vor der betrieblichen Buchführung halt. Im Gegenteil, dort stiftet sie viel Nutzen: Immer mehr Unternehmen speichern Teile ihrer Buchhaltung in der Cloud oder nutzen Apps für die Reisekostenabrechnung ihrer Mitarbeiter. Doch die steuerlichen Spielregeln hielten mit der Digitalisierung in den Betrieben nicht mehr mit.

Die Grundsätze zur ordnungsgemäßen Buchführung, kurz: GoBD, waren zuletzt auf dem Stand von 2014, als es viele der heute gebräuchlichen Lösungen noch nicht gab oder sie sich noch nicht durchgesetzt hatten. Das hat sich Ende November 2019 geändert: Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die GoBD reformiert. In dem BMF-Schreiben stehen auf 44 Seiten alle Spielregeln, die Unternehmer beachten müssen, um mit ihrer digitalen Buchhaltung bei einer Prüfung des Finanzamts nicht anzuecken.

Welche Ergänzungen enthalten die reformierten GoBD?

Nicht alles in den 2019er-GoBD ist neu: Viele der Regelungen aus dem Schreiben von 2014 gelten noch, wurden jedoch in wichtigen Punkten durch Neuregelungen ergänzt. Zum Beispiel wird nun nicht mehr beanstandet, wenn ein Unternehmer Bargeld und EC-/Kreditkarteneinnahmen gleichermaßen über die Kasse laufen lässt. Es ist erlaubt, Papier­belege per Smartphone abzufotografieren. Und für die Cloud gelten dieselben Buchungsregeln wie für einen physischen Datenspeicher.

Was droht bei Abweichung von den GoBD?

Die GoBD (Az.: IV A 4 – S 0316/­19/­10003:001) sind quasi die Bibel für jeden Prüfer des Finanzamts, der die Buchhaltung eines Selbstständigen checkt. Die Beamten orientieren sich akribisch an das im BMF-Schreiben Vorgeschriebene. Weicht ein Unternehmer davon ab, egal, ob bewusst oder aus Unwissenheit, gibt es kein Pardon. Je nach Schwere des Vergehens kann er die komplette digitale Buchhaltung verwerfen oder punktuell rügen. In beiden Fällen darf er Zuschätzungen zum Gewinn und Umsatz vornehmen. Die Folge: Steuernachzahlungen und teils hohe Nachzahlungszinsen.

Ab welchem Steuerjahr gelten die Regeln?

Bei Betriebsprüfungen des Finanzamts sind derzeit maximal die Jahre bis einschließlich 2018 an der Reihe. In diesem Fall muss sich der Finanzbeamte an den GoBD in der Fassung von 2014 orientieren.

Die Steuerjahre ab 2020 werden also frühestens im Jahr 2022 geprüft. Dennoch ist es keine gute Idee, das Thema GoBD erst mal nach hinten zu schieben. Die neuen Regeln müssen für Besteuerungszeiträume angewendet werden, die nach dem 31. Dezember 2019 beginnen. Ein Prüfer wird deshalb in den digitalen Speichern der Buchhaltungssoftware nach Belegen suchen, wann der Unternehmer die neuen GoBD erstmals beachtet hat.

Stellt sich heraus, dass er erst 2022 damit begonnen hat, würden ihm für die Jahre 2020 und 2021 Sanktionen drohen. impulse stellt im Folgenden vor, was sich mit den neuen GoBD geändert hat.

Für welche Datenverarbeitungssysteme gelten die GoBD?

Die Regelungen der GoBD sind für alle „Datenverarbeitungssysteme“ in der Buchhaltung anzuwenden. Darunter ist Hard- und Software zu verstehen, mit der in einem Unternehmen Buchhaltungsdaten und Dokumente „erzeugt, empfangen, übernommen, verarbeitet und gespeichert“ werden. Gemeint sind zum Beispiel das Finanzbuchhaltungs-, das Kassen-, das Warenwirtschaftssystem sowie – in Taxibetrieben – die Taxameter. Neu in dieser Aufzählung ist die Cloud, in der Buchhaltungsdaten gespeichert werden (Randziffer 20 der GoBD).

Wer Teile der Buchführung in die Cloud schiebt, muss gewährleisten, dass keine nachträglichen Änderungen an den Belegen vorgenommen werden können – und wenn doch, muss das protokolliert und ebenfalls in der Cloud hinterlegt werden. Insofern sind die Vorgaben denen für physische Speichermedien sehr ähnlich.

Kommt der Prüfer Jahre später zu einer Prüfung, muss zudem sichergestellt sein, dass er noch innerhalb der steuerlichen Auf­bewahrungsfrist auf die Buchhaltungsdaten zugreifen kann, selbst wenn man den Anbieter der Cloud irgendwann gewechselt hat.

Was hat es mit der Einzelaufzeichnungspflicht auf sich?

Im neuen BMF-Schreiben wird auch die Einzelaufzeichnungspflicht konkretisiert: Das bedeutet, dass jeder einzelne Geschäftsvorfall, also etwa Buchungen von Einnahmen, Forderungen oder Verbindlichkeiten, in der Buchhaltung oder Kasse erfasst werden muss (Randzeichen 39) – selbst wenn es sich nur um den Verkauf einer Brezel handelt.

Früher reichte es, wenn die Buchungen am Tagesende zusammenfassend gespeichert wurden (in einem „Z-Bon“). Von der Einzelaufzeichnungspflicht dürfen Unternehmer nur noch abweichen, wenn sie statt einer elektronischen eine offene Ladenkasse benutzen. Oder wenn die Einzelaufzeichnung technisch, betriebswirtschaftlich „und“ praktisch unmöglich ist.

In der Praxis dürfen sich Unternehmer darauf nur in Ausnahmefällen berufen – wenn zum Beispiel die elektronische Kasse defekt ist oder der Strom ausfällt. In dieser Zeit dürfte es genügen, die Tageseinnahmen in einer Summe zu erfassen. Aber natürlich müssen Unternehmer dann ausführlich schriftlich (auf Papier oder in einer Datei) festhalten, warum trotz elektronischer Kasse keine Einzelaufzeichnungen möglich waren.

Was gilt für die periodenweise Verbuchung von Geschäftsfällen?

Erstmals stellen die GoBD klar, dass Geschäftsvorfälle nicht laufend, sondern auch periodenweise gebucht werden dürfen. Geben Unternehmer die Einnahmen und Ausgaben also erst am Ende des Monats in ihre digitale Buchhaltung ein, bedeutet das nicht mehr das Aus für die steuerliche Anerkennung der ­Bücher (Randzeichen 50).

Wer periodenweise bucht, muss trotzdem sorgfältig sein. So müssen die Geschäftsvorfälle zeitnah in Grundaufzeichnungen festgehalten werden, also zum Beispiel die Bareinnahmen täglich und die EC-/Kreditkartenumsätze alle zehn Tage. Diese Grundaufzeichnungen müssen so strukturiert sein, dass sie am Ende die ­spätere Erfassung der Geschäftsvorfälle gewährleisten.

Tipp: Wer seine Einnahmen und anderen Geschäftsvorfälle periodenweise bucht, sollte das in einer Verfahrensdokumentation festhalten. Das ist ein Ablaufplan, der gewährleistet, dass wirklich alle Geschäftsvorfälle nachträglich in das Buchhaltungssystem gelangen.

So kann etwa in der Dokumentation festgelegt werden, dass alle Buchungsbelege durchnummeriert oder strukturiert abgelegt werden, damit sie bis zu ihrer endgültigen Erfassung nicht verloren gehen. Der Betriebsprüfer wird diese Verfahrensdokumentation bei der periodenweisen Erfassung in der Regel sehen wollen.

Welche Änderungen gibt es bei Kassenmängeln?

In der Praxis ist es gang und gäbe, dass bare und unbare Geschäftsvorfälle (also EC- und Kreditkartenzahlungen) gemeinsam über die Kasse erfasst werden. In der Vergangenheit stuften übereifrige Finanzbeamte das als Kassenmangel ein. Ihre Begründung: Es sei bei gleichzeitiger Erfassung barer und unbarer Zahlungen kein Kassensturz mehr möglich.

Randziffer 55 der neuen GoBD macht nun Schluss mit dieser praxisfernen Auffassung. Die gemeinsame Erfassung geht in Ordnung, wenn die Aufzeichnungen ansonsten den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen und die Nachvollziehbarkeit von baren und unbaren Zahlungen gewährleistet ist. Die unbaren Zahlungen müssen deshalb am Tagesende nachweislich ausgetragen werden, damit sich der korrekte Bargeldbestand ergibt.

Was gilt für Korrektur- und Stornobuchungen?

Korrekturen und Stornos müssen immer auf die ursprüngliche Buchung rückverfolgbar sein. Das steht zwar schon länger in Paragraf 145 der Abgabenordnung. Jetzt wurde diese Selbstverständlichkeit aber auch in die GoBD aufgenommen (Randzeichen 64), weil es bei Betriebsprüfungen häufig Streit darüber gab. Häufig stießen Prüfer in den Unternehmen auf nicht nachvollziehbare Korrektur- und Stornobuchungen.

Tipp: Zu jeder Korrektur- und Stornobuchung sollte der Grund schriftlich (auf Papier oder in einer Datei) hinterlegt und aufbewahrt werden. Können solche Buchungen nur lückenhaft nachgewiesen werden, stuft der Prüfer das als Mängel und bei weiteren Anhaltspunkten vielleicht sogar als Steuerhinterziehung ein. Deshalb besser vorsorgen, denn der Finanzbeamte wird bei Korrekturen und Stornos ganz gewiss nachfragen. Wichtig: Nur durch aussagekräftige Aufzeichnungen lässt sich der misstrauische Prüfer davon überzeugen, dass tatsächlich Storno- und Korrekturbuchungen vorlagen.

Was gilt für identische Belege derselben Buchung?

Kompliziert wird es in Randziffer 76 des BMF-Schreibens. Dort heißt es sinngemäß: Gibt es mehrere identische Belege derselben Buchung („Mehrstücke“), muss nur derjenige aufbewahrt werden, der buchungsbegründend ist, soweit er der Beleg mit der höchsten maschinellen Auswertbarkeit ist. Alles klar? Diese schwer verständliche Formulierung soll eigentlich eine Vereinfachung darstellen.

Ein Beispiel dazu: Ein Unternehmer schickt für erbrachte Leistungen die Rechnung per E-Mail im PDF-Format und sendet eine gedruckte Rechnung in Papier hinterher. Nach dieser neuen Vorschrift muss er nur die PDF-Rechnung aufbewahren, weil sie erstens buchungsbegründend ist und zweitens auf dem Computer besser ausgewertet werden kann als das Papierexemplar.

Tipp: Um keinen Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten zu begehen, der die ganze Buchführung steuerlich hinfällig machen könnte, sollten Unternehmer das Gespräch mit ihrem Steuerberater suchen. Er kann in einer Tax-Compliance-Prüfung eine Verfahrensdokumentation ausarbeiten, welche Belege unter welchen Umständen aufbewahrt werden müssen und welche identischen Mehrstücke nicht.

Ist Abfotografieren von Unterlagen nun ausreichend?

Liegen Handels- oder Geschäftsbriefe sowie Buchungsbelege in Papierform vor, dürfen sie jetzt „bildlich erfasst“, also entweder gescannt oder abfotografiert werden. Voraussetzung: Die Wiedergabe muss mit dem Original bildlich übereinstimmen. Bislang war hier nur vom Scannen die Rede. Wegen des technischen Fortschritts wurde in den GoBD das Wörtchen Scannen durch den Begriff „bildhafte Erfassung“ ersetzt. Damit ist jetzt auch das Abfotografieren erfasst, weil insbesondere bei der Verbuchung von Reisekosten häufig nur noch mit dem Smartphone geknipste Belege verbucht werden (Randziffer 130).

Welche Änderungen gibt es bei der Verfahrensdokumentation?

Da die digitale Buchhaltung aus vielen verschiedenen Haupt- und Nebensystemen besteht, fordert die Finanzverwaltung eine Verfahrensdokumentation, wie bestimmte Geschäftsvorfälle erfasst und verarbeitet werden. Diese beschreibt den organisatorisch und technisch gewollten Prozess. In der Praxis fordern die Prüfer des Finanzamts die Verfahrensdokumentation stets an und prüfen, ob sie in der Buchführungspraxis tatsächlich umgesetzt wurde.

Bisher war es Vorschrift, dass die jeweilige Verfahrensdokumentation vollumfänglich mit einer Änderungshistorie vorgehalten werden musste. Jetzt reicht die Änderungshistorie, wenn sie nachvollziehbar ist (Randzeichen 154).

Tipp: Ob sich Änderungen an der Verfahrensdokumentation ergeben haben, sieht der ­Prüfer auch beim digitalen Zugriff auf die Buchhaltung. Und zwar dann, wenn er die ­Protokolle zum „Customizing“ überprüft. Beim Customizing passen Unternehmer die Standardsoftware an die individuellen Bedürfnisse ihres Betriebs an. Es ist dringend zu empfehlen, dass Unternehmer die Protokolle dazu auf­bewahren und die Verfahrensdokumentation damit abstimmen.

Was darf der Betriebsprüfer?

Normalerweise kann der Prüfer einen direkten Zugriff auf das Buchhaltungssystem fordern (sog. Z1-Zugriff). Er darf sich dann an einen Arbeitsplatz setzen und sich (nur mit Leseberechtigung!) die Buchhaltungsdaten vornehmen. Alternativ kann auch der „Z2-Zugriff“ vereinbart werden: Hier muss der Unternehmer die Buchhaltung nach den Wünschen des Prüfers auswerten.

Hat ein Unternehmen das Buchhaltungssystem gewechselt oder wurden aufbewahrungspflichtige Daten archiviert, darf ein Betriebsprüfer nach Ablauf von fünf Jahren nur noch einen „Z3-Zugriff“ fordern: Bei dieser Zugriffsvariante muss ihm nur ein auswertbarer Datenträger mit den Daten ausgehändigt werden.

Tipp: Das hat zur Folge, dass Unternehmer das bisher verwendete Buchhaltungssystem nach einem Wechsel auf ein anderes nicht mehr bis zum Ablauf der zehnjährigen Aufbewahrungspflicht aufrechterhalten müssen. Unternehmer müssen aber sicherstellen, dass der Daten­träger, der dem Prüfer im Z3-Zugriff ausgehändigt wird, tatsächlich auswertbar ist.

Wann kann auf ein Kassenbuch verzichtet werden?

Was viele Unternehmer nicht wissen: Heben sie Bargeld vom betrieblichen Konto ab und verwenden es für betriebliche Zahlungen, müsste streng genommen ein Kassenbuch geführt werden. Da das in der Praxis in der Regel nicht der Fall sein dürfte, könnte der Prüfer das als Buchführungsmangel einstufen. Das wird er aber nur tun, wenn sehr hohe Barzahlungen geleistet werden, die mehr als die Bewirtung oder den Kauf von Getränken für Büromitarbeiter umfassen – oder wenn auch Bareinnahmen erzielt werden (etwa Provisionszahlungen an einen Informanten).

Auf ein Kassenbuch kann also problemlos verzichtet werden, wenn nur kleinere Beträge für den laufenden Geschäftsalltag verauslagt werden und wenn formlos aufgezeichnet wird, was mit dem nicht ausgegebenen Bargeld passiert. Gibt es hingegen Bareinnahmen, sollte unbedingt zumindest ein Kassenbuch geführt werden, selbst wenn sich im Betrieb gar keine offene Ladenkasse befindet. Denn stößt der Prüfer auf Bareinnahmen ohne Kassenbuch, darf er weitere nicht aufgezeichnete Einnahmen unterstellen, hinzuschätzen und besteuern.

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