Strategiewechsel
Für diesen Führungsfehler sind Unternehmer besonders anfällig

Heute dies, morgen das: Manche Chefinnen und Chefs wechseln die Strategie häufiger als ihre Zahnbürste. Das ist ermüdend fürs Team – und gefährdet den Erfolg. Eine Kolumne von Nicole Basel.

26. Juni 2024, 23:08 Uhr, von Nicole Basel, Chefredakteurin

"Ach nee, doch nicht"
Häufige Strategiewechsel können Mitarbeitenden den letzten Nerv rauben - und kosten oft den Erfolg
Führungsfragen - Die Kolumne
Nicole Basel führt als Chefredakteurin die impulse-Redaktion. An dieser Stelle schreibt sie über Fragen, die sie als Chefin beschäftigen.

Ein Freund von mir ist erschöpft. Er arbeitet im Vertrieb, und die ständigen Strategieveränderungen bei seinem Arbeitgeber laugen ihn aus. Jetzt soll er wieder eine andere Kundengruppe in den Fokus nehmen. Außerdem ist sein Team nun ein „Squad“ und arbeitet agil. Als er mir davon erzählte, lehnte er sich zurück, verschränkte die Arme hinterm Kopf und sagte: ­„Meine Strategie ist: Lean back and let it pass.“

„Lehn dich zurück und lass die Sache an dir vorbeiziehen.“ Die Einstellung, sagte ich, passt gar nicht zu dir. Doch er meinte, seine Begeisterungsfähigkeit sei halt erschöpft. „Unsere Chefs springen auf jeden Trend auf, anstatt mal eine Sache richtig durchzuziehen.“

Ich kann nicht beurteilen, ob seine Diagnose stimmt. Überraschen würde es mich aber nicht: Chefinnen und Chefs sind anfällig für Strategie-Hopping.

Mit Strategie-Hopping meine ich Folgendes: Man setzt sich ein Ziel und entscheidet sich für einen Ansatz, das Ziel zu erreichen. Erst geht es gut voran, alle sind euphorisch. Doch dann kommt man kaum noch weiter. Und jetzt wird alles infrage gestellt: „Sind wir auf dem falschen Weg?“ Ein anderer Ansatz erscheint plötzlich erfolgversprechender. Also geht man zurück auf Los und startet neu. Bis der Fortschritt wieder ­stagniert – und das Spiel von vorn beginnt.

Weitermachen, wenn es schwierig wird

Unternehmerinnen und Unternehmer sind meiner Beobachtung nach für dieses Verhalten besonders ­anfällig. Denn sie gehen mit offenen Augen durch die Welt. Sehen Chancen. Sind begeisterungsfähig. Und: Sie spüren Erfolgsdruck. Druck macht ungeduldig.

Was sie dabei schnell übersehen: Weiterentwicklung verläuft nicht linear, sondern in Phasen. Nach dem Anfangsrausch stagniert der Fortschritt irgendwann, und es wird anstrengend. Die Lernforschung spricht von der Plateauphase. Hier geben viele auf, weil sie den Fehlschluss ziehen, dass der Ansatz falsch war. Dabei würde es sich lohnen zu analysieren, warum es nicht vorangeht, und nachzujustieren. Erfolg hat am Ende oft, wer weitermacht, wenn es schwierig wird.

Die Frage ist also: Was kann man tun, um nicht zu früh aufzugeben?

Erstens: sich mental vorbereiten. Die Plateauphase kommt bei quasi jeder Weiterentwicklung. Wer sich darauf einstellt, kann sie besser bewältigen.

Zweitens: Wenn die Plateauphase da ist, wird man kaum Ergebnisse sehen. Dann hilft es, sich Ziele zu ­setzen, die man beeinflussen kann, etwa, wie viel ­Arbeit man investiert – und weniger darauf schauen, was dabei herauskommt.

Drittens: Kleine Fortschritte feiern. Wo ist man effizienter geworden? Welche Fehler sind abgestellt?

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Keine Frage: Das ist mühsam. Und ein Erfolg ist nicht garantiert, denn natürlich gibt es auch Ansätze, die tatsächlich ins Nichts führen. Aber wer zu früh aufgibt, wird das nie herausfinden.