Kununu-Bewertungen löschen lassen
„So ein Ausbeuterladen“

Nicht nur Kunden bewerten Unternehmen im Netz – sondern auch die eigenen Mitarbeiter. Was Arbeitgeber bei negativen Kommentaren auf Arbeitgeberbewertungsportalen wie Kununu tun können – und was sie lassen sollten.

17. Oktober 2022, 06:30 Uhr, Von Julia-Eva Sima

Arbeitgeberbewertungen im Internet
© Marie Maerz/photocase

Wenn sich Lebenswege trennen, ist das oft die Zeit großer Gefühle: Trauer, Enttäuschung, Wut – und manchmal auch Rachsucht. Das kommt auch vor, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer auseinandergehen. Verschafften sich ehemalige Mitarbeiter früher am Abendbrottisch Luft, haben sie heute ein neues Ventil, um Frust abzulassen: Bewertungsportale für Arbeitgeber.

Dort können zwar auch aktuelle Mitarbeiter ihre Meinungen kundtun, aber wer sich durch die Bewertungen klickt, merkt schnell, dass es vor allem ausgeschiedene Teammitglieder sind, die sich dort zu Wort melden.

Für Arbeitgeber sind schlechte Bewertungen ein ernstes Problem, denn sie beeinträchtigen erheblich die Chancen, neue Leute zu finden. Wie eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom aus dem Jahr 2021 zeigt, nutzen 47 Prozent Online-Bewertungen, um sich über einen Arbeitgeber zu informieren. 44 Prozent gaben an, dass Online-Bewertungen sie bei der Entscheidung für oder gegen einen neuen Job beeinflusst haben.

Welche Plattformen sind besonders relevant?

Arbeitgeber können auf verschiedenen Plattformen bewertet werden, etwa Kununu, Glassdoor, Jobvoting, Mein Chef oder Companize. Dem Bewertungsportal Kununu kommt in der DACH-Region jedoch eine herausragende Bedeutung zu. Nach Angaben des Unternehmens wurden seit 2019 pro Jahr im Schnitt rund 600 000 neue Bewertungen abgegeben. Jobsuchende finden auf Kununu aktuell mehr als sechs Millionen Bewertungen, Infos zum Gehaltsniveau und Angaben zur Unternehmenskultur. Neben Kununu ist auch Glassdoor relevant, jedoch eher für Unternehmen mit internationaler Ausrichtung.

Gegen welche Bewertungen kann man sich wehren?

Es gibt zwei Grenzen für Bewertungen: Zum einen legen die Arbeitgeberbewertungsportale selbst Regeln fest. Dario Wilding, Senior Manager Communications bei Kununu, erklärt, dass etwa nur Personen Bewertungen abgeben dürfen, die bei einem Arbeitgeber gearbeitet haben, arbeiten oder sich dort beworben haben. Es sei außerdem verboten, sich mehrere Accounts anzulegen, um ein Unternehmen mehrfach zu bewerten.

Vermuten Arbeitgeber, dass ein (ehemaliger) Mitarbeiter oder Bewerber genau das tut, um geballt schlechte Bewertungen zu schreiben, können sie die betreffenden Bewertungen bei Kununu melden. Kununu fordert dann Tätigkeitsnachweise der Rezensenten an. Stammen die Bewertungen tatsächlich von derselben Person, werde das spätestens dann auffallen, versichert Wilding. Die AGB von Kununu untersagen zudem Bewertungen, die Personennamen enthalten. „Alle Bewertungen werden von unserem Algorithmus auf bestimmte Kriterien geprüft. Zusätzlich erfolgen anlassbezogene und stichprobenartige manuelle Kontrollen“, so Wilding.

Zum anderen gibt es gesetzliche Grenzen: „Kritik an Unternehmen in Form von Internetbewertungen zu üben ist grundsätzlich zulässig“, so der Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Carl Christian Müller von der Kanzlei Müller.legal aus Berlin. „Unzulässig ist es allerdings, bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen aufzustellen und über Bewertungsplattformen zu verbreiten. Von den Tatsachenbehauptungen sind die Meinungsäußerungen zu unterscheiden, die grundsätzlich zulässig sind.“ Das bedeutet: Mitarbeiter dürfen einen Arbeitgeber schlecht finden und dies auch so schreiben. Insofern sei auch eine harsche oder überspitzte Kritik in Form einer Meinungsäußerung grundsätzlich zulässig, so Müller. „Die Grenze ist hier die Schmähkritik. Dies ist eine Äußerung, bei der nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des bewerteten Unternehmens im Vordergrund steht.“

Schreibt ein Mitarbeiter, dass sein ehemaliger Arbeitgeber den Titel „Schlechtester Arbeitgeber der Welt“ verdiene, so könne diese Form der Bewertung noch zulässig sein, erklärt Christian Michels, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Mainz. Eine Grenze sei jedoch dann überschritten, wenn die Bewertung zusätzlich unwahre Tatsachenbehauptungen enthalte, der Mitarbeiter also den Titel „Schlechtester Arbeitgeber“ durch den Zusatz „weil er Mitarbeiter ausbeutet“ ergänze, so der Anwalt.

Kann man den Namen des Rezensenten herausfinden?

Grundsätzlich Nein. Portalbetreiber sind verpflichtet, die Anonymität der Nutzer zu schützen, so Rechtsanwalt Müller. „Das führt oftmals dazu, dass der Rezensent einer negativen Bewertung nicht bekannt ist und damit nicht persönlich in Anspruch genommen werden kann.“ Kununu-Mann Wilding ergänzt: „Wir speichern weder den Namen noch die Anschrift der Nutzer. Lediglich eine E-Mail-Adresse wird benötigt. Diese geben wir grundsätzlich nicht an Unternehmen weiter.“

Den Klarnamen des Rezensenten werden Unternehmen daher nur mit großem Aufwand erfahren. Ein Arbeitgeber muss dafür nachweisen können, dass er die Nutzerdaten braucht, um zivilrechtliche Ansprüche durchsetzen zu können. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Rezensent mit seinem Text absolut geschützte Rechte verletzt, zum Beispiel Persönlichkeitsrechte.

Entscheidend sei dabei die Frage, ob die Inhalte durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind oder nicht, sagt Rechtsanwalt Michels. In einem Urteil des Oberlandesgerichts Celle (Az.: 13 W 80/20) wurde der Auskunftsanspruch eines klagenden Unternehmens gegenüber einem Bewertungsportal bejaht. In dem konkreten Fall musste der Betreiber der Plattform die Bestands- und Nutzungsdaten des Rezensenten mitteilen, weil das Gericht in der Bewertung des Nutzers eine ernst zu nehmende Rufschädigung sah. In der Bewertung hieß es unter anderem, dass das Unternehmen den Lohn nicht pünktlich zahlte, was nicht stimmte.

Wie geht man gegen rechtswidrige Bewertungen vor?

Das Vorgehen hängt davon ab, ob der Arbeitgeber den Bewertenden einwandfrei identifizieren kann oder nicht.

Fall 1: Der Rezensent ist anonym

Kann man den Bewertenden nicht identifizieren, dann ist der schnellste und einfachste Weg, zunächst das Portal anzuschreiben und konkrete Gründe zu nennen, warum die Bewertung rechtswidrig ist. Wenn man sich bei Kununu als Arbeitgeber registriert hat, geht das direkt über ein Kontaktformular. Oft ist es sinnvoll, schon für diesen Schritt juristische Beratung hinzuziehen, um die Rechtswidrigkeit glaubhaft darzulegen.

Dann ist das Portal am Zug. Die Plattform müsse nun darlegen, dass der Rezensent bei dem Unternehmen gearbeitet habe. Außerdem müsse die Plattform den Bewertenden auffordern, zu jedem beanstandeten Punkt eine Stellungnahme abzugeben, so Rechtsanwalt Müller.

„Zur weiteren Prüfung wird die entsprechende Bewertung zunächst offline genommen. Der Verfasser der Bewertungen wird daraufhin von Kununu informiert, dass die betroffenen Passagen entweder geändert werden oder die Tatsachenbehauptung nachgewiesen werden muss, damit die Bewertung wieder aktiviert wird“, erklärt Kununu-Sprecher Wilding das weitere Vorgehen. Reagiere der Rezensent nicht oder könne er nicht belegen, dass seine Behauptung den Tatsachen entspricht, müsse Kununu die Bewertung löschen, so Müller. Spätestens wenn das Portal die Bewertung nicht löscht und man dennoch der Meinung ist, dass diese rechtswidrig ist, braucht man anwaltliche Hilfe. In der Regel wird ein Anwalt dem Portal ein Abmahnschreiben schicken und es auffordern, die Bewertung zu löschen. Außerdem wird das Portal aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Kommt das Portal der Aufforderung nicht fristgerecht nach, kann der Anwalt oder die Anwältin eine Klage einreichen.

Fall 2: Der Bewertende ist bekannt

Ist klar, wer die Bewertung geschrieben hat, ist der einfachste Weg, zunächst mit der Person zu reden und nachzufragen, wie es zu der scharfen und gegebenenfalls sogar rechtswidrigen Kritik gekommen ist. Im besten Fall gibt es ein klärendes Gespräch, und die Person ändert die Bewertung von sich aus.

Funktioniert dies nicht, kann man sich wie bei Fall 1 an das Portal wenden oder (arbeits-) rechtliche Konsequenzen ziehen: Äußert sich etwa ein aktueller Arbeitnehmer zu Unrecht schlecht über das Unternehmen, könnten Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen oder gar fristlos kündigen, erklärt Müller.

Ist die Person nicht mehr im Unternehmen beschäftigt, könne man diese wegen ihrer Äußerungen abmahnen und auffordern, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Schadensersatz sei dagegen nur schwierig geltend zu machen. „Dazu muss man nachweisen, dass es aufgrund einer konkreten Bewertung zu einem Schaden gekommen ist“, so Müller.

Wie reagiert man klug auf schlechte Bewertungen?

Die Bewertungsportale geben Arbeitgebern in der Regel die Möglichkeit, Bewertungen zu kommentieren und so zum Beispiel Missverständnisse aufzuzeigen. Das ist jedoch eher dann sinnvoll, wenn die Bewertung zwar negativ, aber nicht rechtswidrig ist.

Lesen Sie dazu auch: 5 Tipps für gute Arbeitgeberbewertungen im Internet

Plant man, juristisch gegen eine Bewertung vorzugehen, dann kann der eigene Kommentar zur Falle werden. Vor Gericht, so Rechtsanwalt Müller, werden nämlich auch die Kommentare des Arbeitgebers zur Bewertung des Falls herangezogen.