Junge Mitarbeiter führen
Diese 4 Praxis-Tipps sorgen für einen guten Draht zu Generation Y und Z

Menschen der Generation Y und Z stellen Chefs und Chefinnen vor viele Herausforderungen. Welche das sind – und wie Sie sie meistern, um junge Leute langfristig für Ihr Unternehmen zu begeistern.

14. August 2024, 09:00 Uhr, von Kathrin Halfwassen, Redakteurin

Grüne Converse Schuhe stehen Schuhspitze an Schuhspitze zu schwarzen Lederschuhen
Bunt und bequem versus starr und farblos? Junge Mitarbeiter führen kann ein Kontrastprogramm zur eigenen Denk- und Arbeitsweise sein.
© Aleksandr Zubkov / Moment / Getty Images

Faul sollen sie sein, unorganisiert, mit dem Smartphone verwachsen, flatterhaft, verwöhnt, ständig auf Lob aus für Unerhebliches, dabei absolut kritikunfähig– es ist ein verdammt mieser Ruf, der den Menschen jüngerer Generationen vorauseilt.

Tatsächlich stehen Unternehmerinnen und Unternehmer teilweise fassungs- und ratlos vor der Frage, wie sie im Alltag gut mit den Jüngeren zusammenarbeiten sollen. Die Jüngeren – das sind spät geborene Angehörige der Generation Y (zu ihr zählen die Jahrgänge 1981 bis 1994) und, vor allem, Menschen der Generation Z (1995 bis 2010). Die Frage, wie sie wirklich ticken und wie Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sich auf sie einstellen können, beschäftigt Dutzende Forscher, darunter Soziologen, Psychologen und Pädagogen. Vier Tipps, wie Sie junge Mitarbeiter führen.

Praxis-Tipp 1: Schnelle Rückmeldungen geben

Jugendforscher Simon Schnetzer erstellt gemeinsam mit dem Soziologen Klaus Hurrelmann halbjährlich die Trendstudie: „Jugend in Deutschland“, die auf repräsentativen Online-Befragungen von gut 1000 Menschen zwischen 14 und 29 Jahren beruht. Schnetzer rät Chefs und Chefinnen, sich zunächst bewusst zu machen, was die jüngeren Generationen von den älteren unterscheidet.

„Das Wichtigste: Die Jüngeren sind viel digitalaffiner“, so der 43-Jährige. Während Y-ler „digital migrants“ seien, die noch die Welt vor dem Internet und Smartphone kennen, seien die Z-ler komplett digital aufgewachsen, abhängig von der Kommunikation in sozialen Medien – und daran gewöhnt, auf jede Äußerung direkt Feedback zu bekommen. „Die meisten jungen Menschen erwarten daher auch im Job häufige und schnelle Rückmeldungen durch Führungskräfte“, sagt Schnetzer. Kämen Chefs und Chefinnen diesem Bedürfnis nicht nach, führe das zu Unsicherheit und Frust.

Wichtig: Machen Sie sich klar, dass Sie sich von jungen Teammitgliedern Häufigkeit und Zeitpunkt für Feedback nicht diktieren lassen. „Gut wäre dann, so etwas wie einen Feedback-Friday einzuführen, an dem Ihre Türen, je nach Zahl der Mitarbeitenden, für ein oder zwei Stunden offenstehen. Sodass Teammitglieder sich Rückmeldungen einholen können“, rät Schnetzer.

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Praxis-Tipp 2: Flexibilität ermöglichen

Und was wünschen sich jüngere Angestellte noch? In Schnetzers Studie antworten vier von fünf Teilnehmern auf die Frage, was gute Arbeit ausmache, mit „Work-Life-Balance“ und „eine gute Arbeitsatmosphäre“. In anderen Befragungen landen dazu regelmäßig Teilzeit- und Homeoffice-Optionen sowie wenig Stress für mehr mentale Gesundheit auf den vorderen Plätzen. Und natürlich „Purpose“, also das Gefühl, die eigene Arbeit als sinnhaft zu erleben.

Das ist einiges. Und: „Durch den aktuellen Mangel an jungen Bewerberinnen und Bewerbern haben insbesondere Vertreter der GenZ eine enorm gute Verhandlungsposition – und sie wissen das auch“, sagt Laura Bornmann. Die 31-Jährige ist Geschäftsführerin unter anderem von GenZ Talents, einer Beratungsagentur, die Unternehmen im Umgang mit Jüngeren schult und Talente an sie vermittelt. Zuvor leitete Bornmann die Personalentwicklung bei Rewe Dortmund und war mit ihrem Team für 18.000 Beschäftigte zuständig.

Bornmann empfiehlt Unternehmerinnen und Unternehmern, wirklich aufrichtig zu prüfen, welche Wünsche der Jüngeren in Sachen Flexibilität sie erfüllen können. Auch in der Produktion und im Handwerk sind etwa individuelle Arbeitszeiten inzwischen oft möglich. Und die Coronakrise hat gezeigt: Kaum ein Unternehmen zerbricht, wenn Menschen dort, wo es die Abläufe erlauben, vermehrt im Homeoffice arbeiten.

Praxis-Tipp 3: Persönliche Beziehungen aufbauen

„Ein gutes Gehalt allein hält Jüngere heute kaum noch in den Betrieben“, sagt Jugendforscher Schnetzer. Mitarbeiter halten funktioniere weiterhin über eine angemessene Bezahlung, da auch das Sicherheitsbedürfnis der Jüngeren wieder steige. Schließlich seien viele Y-ler aktuell in der Lebensphase, in der es ums Ankommen und Kinderkriegen geht, und die Z-ler in einer Zeit voller Krisen und allgemeiner Unsicherheit aufgewachsen.

Zugleich aber würde laut Schnetzers Studie ein Drittel der Befragten für eine bessere Work-Life-Balance und Arbeitsatmosphäre den Job wechseln. „Die Jüngeren wollen bei der Arbeit heute persönliche Beziehungen aufbauen, in strategische Überlegungen eingebunden werden und Ideen einbringen. Geht das nicht, sind sie schnell weg“, sagt Schnetzer.

Spielen Sie daher den Vorteil aus, ein kleines Unternehmen zu führen: Je weniger Teammitglieder Sie haben, desto leichter können Sie einen engen Draht zu ihnen aufbauen und halten. Am besten schon mit einem „Preboarding“ in der Zeit zwischen Vertragsunterzeichnung und erstem Arbeitstag, also noch vor der eigentlichen Einarbeitung. „Es passiert oft, dass junge Menschen in dieser Zeit abspringen, weil sie ein besseres Angebot bekommen“, sagt Schnetzer. „Um das zu verhindern, könnten Sie die Neuen schon vor Arbeitsantritt etwa zum Afterwork-Bier einladen oder zum Sommerfest – und so ins Team einbinden.“

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Praxis-Tipp 4: Austausch zwischen Jüngeren und Älteren fördern

Positiver Nebeneffekt des Preboarding: Jüngere und Ältere kommen dabei automatisch ins Gespräch. Ein intensiver Austausch ist den Fachleuten zufolge das Wichtigste, um die Jüngeren zu begeistern. Und um „Quiet Quitting“ vorzubeugen: Unter diesem Schlagwort vermelden viele Z-ler in sozialen Netzwerken, nur noch Dienst nach Vorschrift machen zu wollen; die innere Kündigung ist schon vollzogen.

Dazu Personalexpertin Bornmann: „Jedes Gespräch, das Sie in einer wirklich offenen Haltung führen oder initiieren, verringert die Heftigkeit, mit der die Generationen aktuell clashen.“ Außerdem würde man auf diese Weise bemerken, dass es unter den Jüngeren genauso viele hoch motivierte Menschen, genauso viel Talent und Begeisterungsfähigkeit gebe wie unter Vertretern älterer Generationen.

Bornmann empfiehlt „Reverse Mentoring“, um Gespräche anzuzetteln. Dabei vermitteln die Jungen den Älteren etwas von ihrem Fachwissen – etwa, wie digitale Tools die Arbeitsorganisation verbessern. Jugendforscher Schnetzer rät zu Gesprächsrunden im ganzen Team. „Fragen Sie dann mal jeden Einzelnen: Wie wichtig ist dir Pünktlichkeit? Wie stehst du zu gendergerechter Sprache und warum?“ Gerade über typische Konfliktpunkte zu sprechen schaffe die Basis für gegenseitiges Verständnis und Kompromisse.

Das Gute: Wer wirklich versucht, die Jüngeren zu verstehen und ihren Bedürfnissen nachzukommen, trägt dazu bei, die Zukunft des eigenen Unternehmens zu sichern. Denn, so fasst es Bornmann zusammen: „Was die Jüngeren fordern, kommt langfristig allen Teammitgliedern zugute. Eine gute Work-Life-Balance etwa hält uns mental gesünder und damit leistungsfähiger. Und leistungsfähige Teams brauchen wir, um die aktuellen multiplen Krisen bewältigen zu können.“