Ab wann ist eine Kündigung gültig?
Achtung! Erst ab diesem Moment ist eine Kündigung wirksam

Unternehmen und Ex-Beschäftigte streiten sich regelmäßig vor Gericht darüber, ob eine Kündigung rechtzeitig angekommen ist. Das sollten Arbeitgeber bei der Zustellung beachten, um Ärger vorzubeugen.

25. Juli 2024, 15:21 Uhr, von Wiebke Harms, Wirtschaftsredakteurin

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Ein blauer Briefkasten.
Ab wann ist eine Kündigung gültig? Das sollten Arbeitgeber klären, bevor sie das Schreiben in den Briefkasten werfen.
© fhm / Getty Images

Wenn sie den Arbeitsvertrag eines Teammitglieds kündigen, müssen Unternehmerinnen und Unternehmer viele Vorgaben erfüllen. Ein wichtiges Detail ist dabei der Zeitpunkt, wann die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Kündigung erhält.

Das ist zum Beispiel besonders entscheidend, wenn die Kündigung am Ende der Probezeit erfolgen soll – dann muss sie unbedingt fristgerecht zugestellt werden, bevor die Anstellung in eine reguläre Beschäftigung übergeht und die strengeren Regeln für eine ordentliche Kündigung gelten.

Ab wann ist eine Kündigung wirksam?

Die Kündigung eines Arbeitsvertrags wird erst wirksam, wenn die gekündigte Person das Kündigungsschreiben erhält. Grundsätzlich können Arbeitgeber Teammitgliedern nur in der Schriftform kündigen – also unterschrieben und auf Papier. Eine Kündigung per E-Mail ist ungültig.

Erst an dem Tag, an dem das Kündigungsschreiben den Gekündigten oder die Gekündigte erreicht, beginnen wichtige Fristen zu laufen:

  • Ab dem Tag der Zustellung haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer drei Wochen Zeit, eine Kündigungsschutzklage zu erheben. Diese Frist regelt das Kündigungsschutzgesetz ( 4 Satz 1 KSchG).
  • Die Kündigungsfrist beginnt am Tag, nachdem die Kündigung zugestellt worden ist. Das regelt 187 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

Im Regelfall können Arbeitgeber nur zum 1. oder 15. eines Monats kündigen. Dementsprechend muss die Kündigung spätestens am letzten Tag des Vormonats oder am 14. beim Arbeitnehmer ankommen. Eine Ausnahme sind Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten. Sie dürfen auch außerhalb dieser Stichtage kündigen.

Wann gilt eine Kündigung als zugestellt?

Als zugestellt gilt eine Kündigung, sobald der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin sie erhalten hat. Die Zustellung einer Kündigung kann entweder persönlich erfolgen, zum Beispiel im Rahmen eines Kündigungsgesprächs, bei dem der Chef oder die Chefin das Schreiben übergibt.

Eine andere Möglichkeit ist die Zustellung „unter Abwesenden“. Dieser Begriff ist im Bürgerlichen Gesetzbuch definiert. „Gemeint ist damit: Das Kündigungsschreiben ist in den Empfangsbereich des Mitarbeiters gelangt und dieser hat die Möglichkeit, Kenntnis davon zu nehmen“, sagt Iris Henkel, Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Leipziger Kanzlei Petersen Hardrath Pruggmayer. Mit „Empfangsbereich“ ist in der Praxis vor allem der Briefkasten der betroffenen Person gemeint.

Kündigung zustellen: Rechtssichere Wege

Arbeitgeber haben darum verschiedene Möglichkeiten, eine Kündigung rechtssicher zu übermitteln:

Persönliche Übergabe eines Kündigungsschreibens

Arbeitgeber können die Kündigung der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter persönlich überreichen, zum Beispiel im Rahmen eines Gesprächs im Büro. „Dann sollte man darauf achten, dass man den Zugang des Kündigungsschreibens nachweisen kann“, sagt Iris Henkel. Arbeitgeber haben zwei Wege, dies zu tun:

  1. Vor Zeugen

Arbeitgeber können dafür sorgen, dass jemand die Übergabe der Kündigung bezeugen kann. Die Zeugin oder der Zeuge sind bei der Kündigung anwesend und machen sich idealerweise eine Notiz dazu. Die Aufgabe können zum Beispiel die Assistentin oder der Assistent übernehmen, ein Betriebsratsmitglied oder eine Führungskraft.

„Ein Geschäftsführer als Zeuge ist keine günstige Wahl, weil er die Gesellschaft nach außen hin vertritt“, warnt Henkel. Denn wenn es zu einem Prozess kommen sollte, können Mitglieder der Geschäftsführung nicht als objektive Zeugen vernommen werden, sondern es ist nur eine Parteivernahme möglich. Diese werde jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen vor Gericht zugelassen. Zum Beispiel dann, wenn der klagende Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin der Parteivernahme zustimmt.

  1. Den Erhalt der Kündigung bestätigen lassen

Eine zweite Option ist, sich vom Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin den Erhalt der Kündigung per Unterschrift bestätigen zu lassen. Der Arbeitgeber fertigt dafür eine Zweitschrift der Kündigung an, die der Empfänger unterschreiben soll. Das jedoch klappt nicht in allen Fällen: „Arbeitnehmer haben eine natürliche Hemmnis, dass sie mit einer Unterschrift der Kündigung zustimmen. Arbeitgeber müssen damit rechnen, dass die Beschäftigten nicht bereit sind, den Empfang der Kündigung zu bestätigen“, sagt Iris Henkel. Das müssen Arbeitgeber dann akzeptieren. Sie können Beschäftigte nicht zwingen die Unterschrift zu leisten.

Kündigung von einem Boten überbringen lassen

Eine weitere Option ist die Übermittelung der Kündigung durch einen Boten. Zum Beispiel dann, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer nicht für ein persönliches Gespräch kommen kann. Bote kann theoretisch eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter sein. „Ich empfehle einen Botendienst zu beauftragen. Den kann man anweisen, die Kündigung an einem bestimmten Tag und bis zu einer festgelegten Uhrzeit zu übermitteln“, rät Henkel.

Kündigung per Einschreiben

Mit der normalen Post sollten Arbeitgeber eine Kündigung lieber nicht verschicken. Denn in dem Fall fehlt der Nachweis, wann genau das Schreiben im Briefkasten der gekündigten Person gelandet ist. Stattdessen sollten Arbeitgeber ein Einschreiben schicken – und zwar am besten ein Einwurf-Einschreiben. Denn bei dieser Zustellungsart wirft der Postbote den Brief mit dem Kündigungsschreiben in den Briefkasten und quittiert den Einwurf. Die Quittung fungiert als Beweis, dass das Schreiben rechtzeitig in den Briefkasten geworfen wurde.

Mit einem Einschreiben Rückschein – also der Variante, bei der die Post dem Empfänger oder der Empfängerin das Schreiben persönlich überreicht – sollten Arbeitgeber vorsichtig sein.

„Bei einem Einschreiben mit Rückschein wird nicht das Kündigungsschreiben in den Briefkasten geworfen, sondern nur eine Benachrichtigung“, warnt Henkel. Das heißt: Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin muss erst zu Post gehen und den Brief abholen, um Kenntnis von der Kündigung zu erhalten.

Gibt es eine Uhrzeit, bis zu der eine Kündigung im Briefkasten sein muss?

Eine pauschale Antwort auf die Uhrzeit-Frage gibt es nicht.

Das geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts von 2019 (Aktenzeichen: 2 AZR 111/19) hervor. Da hatte das höchste deutsche Arbeitsgericht klargemacht: Bis wann Arbeitnehmer in ihren Briekasten gucken, hängt davon ab, wann die Post normalerweise an ihrem Wohnort kommt. In dem Fall stritten ein deutsches Unternehmen und ein französischer Arbeitnehmer über den Zustellungszeitpunkt eines Kündigungsschreibens. Ein Bote hatte das Kündigungsschreiben an einem Freitag gegen Mittag in den Briefkasten des Arbeitnehmers geworfen. Dieser wiederum gab an, die Kündigung erst am Montag gesehen zu haben.

Das Bundesarbeitsgericht gab die Entscheidung zurück an die Vorinstanz: Das Gericht sollte noch einmal prüfen, wann die Post im französischen Wohnort des Arbeitnehmers zugestellt wird. Denn davon hänge ab, bis wann Arbeitnehmer in den Briefkasten schauen.

Für Arbeitgeber bedeutet das: Kommt es zum Streit um den Zugangszeitpunkt einer Kündigung, sind die sogenannten Verkehrsgewohnheiten ausschlaggebend – also der Zeitraum, in dem am Wohnort des Arbeitnehmers klassischerweise der Postbote kommt – und das kann sich regional unterscheiden. Arbeitgeber sollten das bedenken, wenn sie Beschäftigten eine Kündigung zustellen müssen.

Die Expertin

Iris Henkel ist promovierte Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin der Kanzlei Petersen Hardrath Pruggmayer in Leipzig. Sie betreut Firmen aller Branchen bei arbeitsrechtlichen Fragen und begleitet diese unter anderem bei Umstrukturierungen.

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