Positionierung mit Werten
Bessere Entscheidungen treffen durch Werte

Unternehmerin Tatjana Körner stieß zufällig auf das Thema Werte. Heute nutzt sie diese als Leitlinie für den Umgang mit Mitarbeitern und Kunden. Dadurch hebt sie sich von der Konkurrenz ab.

24. Februar 2021, 12:00 Uhr, von Catalina Schröder, Redakteurin

© impulse

Dass sie es einmal für sinnvoll halten könnte, sich mit ihren Werten auseinanderzusetzen, hätte Tatjana Körner bis vor Kurzem noch nicht für möglich gehalten. Bevor die heute 36-Jährige ihr Unternehmen Greenletics gründete, mit dem sie in Wiesbaden, Darmstadt und Gießen Outdoor-Fitnesskurse anbietet, war Körner lange als angestellte Marketing-Assistentin in einem mittelständischen Unternehmen mit knapp 500 Mitarbeitern beschäftigt. „Die Geschäftsführung war immer sehr daran interessiert, uns als Mitarbeiter einzubinden“, erzählt Körner. Eines Tages kam die Idee auf, mit möglichst vielen Mitarbeitern gemeinsam die Unternehmenswerte zu erarbeiten. In allen Abteilungen fanden mit Angestellten aller Hierarchieebenen Workshops dazu statt.

Werte blieben abstrakte Worte

Die Unternehmenswerte wurden schließlich in der Mitarbeiterzeitung kommuniziert, im Intranet veröffentlicht und im Eingangsbereich und der Kantine an die Wände geschrieben. „Vertrauen“ stand dort. „Transparenz“ und „Erfolg“. „Aber für mich und viele Kollegen blieben das abstrakte Worte“ erzählt Körner. „Das hatte gar nichts mit mir zu tun.“ In ihrem Berufsalltag spürte sie davon nichts. Heute sagt sie: „Ich hatte nicht das Gefühl, dass die Werte im Unternehmensalltag gelebt wurden, deshalb blieb mir das alles so fremd.“

Im Frühjahr 2017 kündigte Körner ihren Angestelltenjob und gründet Greenletics. „In der Gründungsphase, aber auch heute noch beschäftige ich mich sehr intensiv mit meiner Persönlichkeit als Unternehmerin. Außerdem mache ich mir ganz intensiv Gedanken über das Alleinstellungsmerkmal meines Unternehmens und die Frage, was ich eigentlich erreichen möchte“, erzählt Körner.

Schnell sei ihr dabei klar geworden, dass sie nicht bloß irgendeine Firma aufbaue, um damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sondern dass darin die Chance liege, ein Unternehmen ganz nach ihren persönlichen Vorstellungen und Zielen zu formen.

Intuitiv folgte Tatjana Körner dabei ihren persönlichen Werten. Zunächst, ohne sich dessen bewusst zu sein: Für jedes neue Mitglied in ihrem Fitnessclub pflanzt sie einen Baum. Zusätzlich erhält jeder von ihr eine ganz persönliche Willkommensmail. Körner hält ihre Trainer an, bei jeder Outdoor-Trainingsstunde Handschuhe und Müllbeutel mitzunehmen und gemeinsam mit den Teilnehmern Abfall aufzusammeln, den sie unterwegs finden. Einmal im Jahr macht sie mit ihrem Team aus rund 20 Trainern gemeinsam draußen Sport und sammelt dabei ebenfalls Müll ein, der auf Straßen und Wiesen liegt. Für jede Zigarettenpackung, die das Team findet, machen alle gemeinsam zehn Hampelmänner.

Dass sie bei der Unternehmensführung ganz automatisch ihren Werten folgt, wurde Körner erst im Laufe der Zeit klar: Herausgefunden hat sie das eher zufällig, als sie ein Buch des US-Bestseller-Autors John Strelecky las. In „Reich und glücklich! Wie Sie alles bekommen, was Sie sich wünschen“, stieß sie auf eine Wertetabelle: eine lange Liste mit mehr als 150 Begriffen. „Die Aufgabe bestand darin, die Tabelle Wort für Wort durchzugehen und darauf zu achten, welche Begriffe bei einem selbst Resonanz hervorrufen“, erinnert sich die Unternehmerin.

Anfangs erstellte Körner eine umfangreiche persönliche Werteliste. Die nahm sie sich dann im Abstand von einigen Wochen immer wieder vor, ging die einzelnen Begriffe durch und überlegte ganz genau, welche sie in ihrem Unternehmensalltag tatsächlich lebt und welche ihr wirklich wichtig sind. Am Ende blieben vier Werte übrig: Vitalität, Naturverbundenheit, Verantwortung und Gemeinschaft.

Was hat sich durch die Beschäftigung mit ihren Werten für Tatjana Körner geändert? „Die Werte helfen mir, noch bewusstere Entscheidungen zu treffen“, erzählt die Unternehmerin. Als im Frühjahr 2020 der coronabedingte Lockdown begann, übernahm sie ganz gezielt Verantwortung und gab ihren Trainern, die überwiegend auf freiberuflicher Basis für sie arbeiten und denen plötzlich fast alle Einnahmen wegbrachen, die Möglichkeit, wenigstens über kleinere Beträge Rechnungen zu stellen.

Aus Werten wird ein Alleinstellungsmerkmal

Als viele Fitnessstudio-Betreiber begannen, für ihre Mitglieder Video-Workouts fürs Wohnzimmer zu erstellen, blieb Körner ihren Werten Vitalität und Naturverbundenheit treu: Sport an der frischen Luft ist für sie Ausdruck dieser Werte. Die Unternehmerin erarbeitete einen Outdoor-Fitnessparcours, schrieb die Übungen auf Karten und hängte diese an den ihrer Meinung nach schönsten Laufstrecken ihrer Stadt auf – kostenlos und für jeden zugänglich. „Das hätte ich vermutlich nicht gemacht, wenn Finanzen einer meiner Kernwerte wären“, sagt sie.

Für ihre Mitglieder entwickelte sie außerdem Trainingspläne, die diese auch ganz allein und ohne Begleitung eines Trainers an der frischen Luft umsetzen können. „Die Entscheidung dazu habe ich ganz bewusst aufgrund meiner Werte getroffen. Letztlich hebe ich mich mit der Idee von anderen Fitnessanbietern ab, habe also ein Alleinstellungsmerkmal, und das kommt natürlich meinem Unternehmen zugute.“

Bei einem Treffen Anfang 2020, kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie, hat Tatjana Körner ihrem Team erstmals von ihren Werten erzählt und davon, wie diese sie jeden Tag bei der Unternehmensführung leiten. Wirklich überrascht war allerdings niemand. Schließlich werden die Werte im Unternehmensalltag schon längst gelebt.

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