Als der Versicherungs- und Vorsorgeberater Dieter Homburg Rechtsanwalt Christian Solmecke anrief und nach einer möglichen Zusammenarbeit fragte, konnte dieser sich nicht an ihn erinnern. Dabei waren sie sich einmal auf einer Veranstaltung begegnet und hatten mittags zusammengesessen. Doch Homburg fand es nicht ungewöhnlich, dass der Anwalt ihn nicht mehr auf dem Schirm hatte: Schließlich war Solmecke durch seinen Youtube-Kanal „Kanzlei WBS“ mit 915 000 Abonnenten um ein Vielfaches bekannter als er selbst.
Gründliche Vorbereitung der Kooperation
Solmecke, Partner der Kölner Kanzlei Wilde Beuger Solmecke mit rund 200 Mitarbeitern, betreibt damit einen der größten Jura-Youtube-Kanäle überhaupt. „Klar, dass fast jeder gern mit ihm zusammenarbeiten würde“, sagt Homburg, Chef von 16 Angestellten. Um Solmecke zu überzeugen, dass er ein gewinnbringender Kooperationspartner sein könne, bereitete er sich gründlich auf das Gespräch vor.
Homburg hat sich unter anderem auf Vorsorgeberatung spezialisiert, nachdem er seinen Eltern vorgerechnet hatte, dass deren private Altersvorsorge ihnen deutlich weniger auszahlen würde als einst versprochen. „Da hat mein Vater geheult. Das war der Punkt, an dem ich gesagt habe: Ich mache das zu meinem Beruf. Ich ziehe den Versicherern so lange an den Ohren, bis jeder zu seinen Rechten kommt.“ Sein Herzensthema, so nennt der 47-Jährige es, sind private Krankenversicherungen: Er hilft Privatversicherten, ihren Beitrag zu reduzieren, indem sie in ihnen rechtlich zustehende bessere Tarife wechseln.
Ähnliche Zielgruppe
Als Homburg auf Youtube ein Video von Solmecke sah, wie Versicherte unrechtmäßige Beitragserhöhungen von privaten Krankenversicherungen abwehren können, witterte er eine Chance. „Wir haben im Grunde die gleiche Zielgruppe“, sagt der Inhaber des Fachzentrums Finanzen in Lippstadt. „Solmecke hilft Privatversicherten, aus der Vergangenheit zu viel gezahlte Beiträge zurückzubekommen. Ich helfe ihnen, in Zukunft zu sparen.“
Also rief er den Anwalt an, fragte, ob er sich zu diesem Thema für ein Webinar zusammentun wolle. Solmecke war erst mal skeptisch. Homburg wusste: „Man muss die eigenen Interessen hintenanstellen. Und sich überlegen: Wie kann ich dafür sorgen, dass derjenige, mit dem ich kooperieren will, besonders stark profitiert?“ Er erklärte dem Anwalt, dass dieser sich um nichts kümmern müsse. Homburg würde die Veranstaltung bewerben, sich um die Technik kümmern, Solmecke müsse nur 15 Minuten etwas erzählen und könne dann wieder gehen. Ein Angebot, das der Anwalt nicht ablehnen konnte.
Beide Seiten profitieren
Die erste Veranstaltung brachte der Kanzlei etwa 100 neue Mandate, so Homburg. „Herr Solmecke rief danach begeistert an und sagte, er würde das gern wiederholen.“ Mittlerweile haben beide fünf Webinare veranstaltet, Homburg erhielt mehr als 1300 Aufträge, die Kanzlei rund 1000 Anfragen. 25 Prozent davon wurden Mandanten, so Rechtsanwalt Jeremy Gartner, der neben Solmecke in den Webinaren auftritt. Gartner sagt: „Mit relativ wenig Aufwand bringt das beiden Seiten viel.“
Ein kurioses Detail: Obwohl Homburg mit Rechtsanwälten kooperiert, haben sie nie einen Vertrag aufgesetzt. Der Finanzberater setzt auf Vertrauen: „Jeder von uns könnte das jederzeit beenden. Aber warum sollten wir das tun? Wir haben ja alle etwas davon.“