Mit seinem Mitarbeiter stimmte irgendetwas nicht, das war Jörg Janaszak schon länger klar. Der sonst so zuverlässige Kollege in seiner Tischlerei in Norderstedt wirkte fahrig, machte Fehler, vergaß die einfachsten Dinge. Janaszak hat einen guten Draht zu seinem 13-köpfigen Team. Er wusste, dass der Mitarbeiter gerade private Probleme hatte.
Doch als er eines Tages völlig außer sich im Büro des Chefs stand, vor seinem Schreibtisch auf und ab lief und immer wieder sagte „Ich kann nicht mehr“, war Janaszak geschockt. „Er redete wirres Zeug. Es war furchtbar. Man merkte, dass er psychisch total am Boden war“, erinnert sich der Tischler. „Ich bin kurz rüber zu meiner Frau, um mich abzusprechen. Und dann habe ich zu ihm gesagt: ‚Ich fahr dich jetzt in die Klinik‘.“
Fast jeder dritte Erwachsene in Deutschland wird irgendwann psychisch krank
Was der Inhaber der Tischlerei Utz erlebte, ist kein Einzelfall: Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts sind jedes Jahr in Deutschland 28 Prozent der Erwachsenen von psychischen Erkrankungen betroffen. Unter den Fehltagen 2020 machten sie laut dem Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse mit einem Fünftel den größten Anteil aller Krankschreibungen aus, im Schnitt fehlte eine psychisch erkrankte Person 49 Tage – und damit mehr als doppelt so lange wie bei anderen Erkrankungen. Tendenz steigend. „Auf psychische Erkrankungen geht außerdem fast jede zweite Frühverrentung zurück“, sagt Ulrich Hegerl, Psychiater und Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.
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