Soziales Engagement
3 Ideen, wie sich Ihre Firma gesellschaftlich engagieren kann

Sie wollen sich etwas Gutes tun, wissen aber nicht, wie? Drei Praxisbeispiele zum Nachmachen zeigen, wie Sie sich abseits klassischer Geldspenden einsetzen - und dabei Mitarbeiter und Kunden einbeziehen.

27. Dezember 2021, 08:20 Uhr, Von Marie-Charlotte Maas

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Soziales Engagement
© knallgrün/Photocase

Anfangs stand für Konrad Krafft vor allem die Firma im Mittelpunkt. „Nach der Gründung war ich erst mal jahrelang damit beschäftigt, alles abzusichern“, erinnert sich der Geschäftsführer des IT-Unternehmens Doubleslash aus Friedrichshafen. „Irgendwann waren wir solide, hatten stabile Strukturen, und das Geschäft lief gut – da begann ich mich zu fragen, ob man nicht mehr tun sollte.“

Mehr tun. Für Krafft bedeutet das, sich für gesellschaftliche Probleme zu interessieren – und zu versuchen, zu ihrer Lösung beizutragen.

Dazu startete die Firma eine jährliche Spendenaktion – und zwar eine, für die die Mitarbeiter ordentlich in die Pedale treten. Sechs Monate lang, von April bis September, versuchen sie so viel mit dem Fahrrad zu fahren wie möglich. Die Strecke, auch wenn sie bei privaten Fahrten zurückgelegt wird, wird per App berechnet – und von der Geschäftsführung am Ende in Geld umgerechnet. 2 Cent gibt es pro Kilometer. Wer nicht radeln will, darf zu Fuß gehen; auch das zählt und bringt 10 Cent pro Kilometer.

Zwei Drittel aller Unternehmen engagieren sich gesellschaftlich

Wie Konrad Krafft denken in Deutschland viele Unternehmer. Für knapp zwei Drittel ist regelmäßiges gesellschaftliches Engagement gelebte Praxis. Neun von zehn sind der Meinung, Unternehmen sollten als Vorbilder wieder stärkere Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen, heißt es im „Monitor Unternehmensengagement“, der größten bundesweit repräsentativen Befragung zum gesellschaftlichen Engagement von in Deutschland ansässigen Unternehmen. Die Studie ist ein gemeinsames Projekt des Stifterverbands und der Bertelsmann Stiftung.

Vor allem im Mittelstand sei gesellschaftliches Engagement stark verwurzelt, sagt Detlef Hollmann, bei der Bertelsmann Stiftung für die Umfrage verantwortlich. Dabei konzentrieren sich die meisten vor allem auf regionale Projekte. Zu den wichtigen Themen gehören die Gestaltung einer lebenswerten Region, etwa in Form von Sponsoring von Sportvereinen. Oft mittels Sach- oder Geldspende, häufig aber auch durch ehrenamtliches Engagement, etwa durch die Freistellung von Mitarbeitern.

Im internationalen Vergleich ist die deutsche Spendenbereitschaft gering

Ise Bosch ist das nicht genug. Die Enkelin des Unternehmers Robert Bosch hat ihr Leben dem Thema gemeinnütziges Engagement verschrieben. 1886 gründete ihr berühmter Großvater die „Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik“ in Stuttgart – Jahrzehnte später ist daraus ein Milliardenimperium geworden.

Als Ise Bosch geboren wird, hat sie bereits eine Million Mark auf dem Konto – und beschließt, das Geld wegzugeben: „In Deutschland ist die Spendenbereitschaft im Vergleich zu anderen Ländern, wie den USA, noch sehr gering. Im internationalen Vergleich stehen wir nicht sehr gut da.“ Das, so Bosch, liege sicher auch daran, dass viele Unternehmer die Hauptverantwortung gegenüber ihrer eigenen Firma und den eigenen Mitarbeitern sehen. „Soziales Engagement dagegen wird häufig beim Staat verortet, nach dem Motto: Die Politik löst das schon.“

Neue Ideen jenseits der Geldspende

Ise Bosch würde sich wünschen, dass sich diese Einstellung ändert. Um auch andere Menschen zum Spenden anzuleiten, schrieb sie das Buch „Besser spenden!“, das 2021 in einer Neuauflage erschienen ist. „Viele wollen Geld geben, wissen aber nicht wirklich, wie, weil ihnen die Zeit fehlt, um sich zu informieren, oder sie nicht wissen, an wen sie sich wenden können“, ist sie überzeugt.

Das beobachtet auch Leonie Gehrke von der Plattform Betterplace. Das Start-up unterstützt Spendenwillige dabei, das passende Projekt zu finden. Aus Hunderten von Projekten, unter anderem in den Kategorien Klima, Kinder und Jugend, Geflüchtete und Bildung kann man wählen. Betterplace setzt dabei auch auf Ideen abseits der klassischen Geldspende: „Wir spüren bei vielen Unternehmen das Bedürfnis, das eigene Engagement zeitgemäßer und kreativer zu gestalten. Die meisten Unternehmen, die sich bei uns melden, haben eine etablierte Spendentradition“, sagt Gehrke. Oft sehe diese aber eine klassische Banküberweisung an ein oder mehrere Projekte vor – „ohne dass dabei Mitarbeiter, Kunden oder Partner eingebunden werden und ohne dass eine nennenswerte Sichtbarkeit für das Engagement geschaffen wird“.

Dabei sei die Entscheidung, die eigene Spendenbereitschaft publik zu machen, durchaus sinnvoll, erklärt Detlef Hollmann von der Bertelsmann Stiftung: „Gerade kleinere Unternehmen erhalten viel Lob dafür, sie können ihr Image verbessern, binden ihre Mitarbeiter und ihre Kunden an sich und gewinnen eventuell sogar noch ein paar neue hinzu.“ Engagement zur Steigerung der Attraktivität?

Projekte suchen, die einen wirklich überzeugen

Auch Ise Bosch findet daran nichts verwerflich – zumindest dann, wenn es sich nicht um Green-Washing handelt, man sich also mit seinem finanziellen Einsatz ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image erkaufen will. Für diejenigen, die nicht genau wissen, wohin mit ihrem Geld, weist die Philanthropin auf ihrer Website (besser-spenden.de) auf unterstützenswerte Bereiche hin – darunter solche, die sie für „unterfördert“ hält. Jenseits von den besonders beliebten „Kindern und Hunden“, wie Fundraising-Experten häufig scherzen. Dazu zählen Alleinerziehende und ihre Kinder, Antirassismus, Gewaltprävention an Schulen, lokale Umweltinitiativen, sexuelle Minderheiten, telefonische Beratung/Seelsorge. „Gerade die Spende an solche Projekte und Organisationen kann einen wirklichen Unterschied machen.“

Ise Bosch rät dazu, sich ein Projekt zu suchen, von dem man wirklich überzeugt ist, das einen bewegt – und das bisher wenig von staatlicher Seite gefördert wird: „Wenn man Geld dorthin steckt, sieht man auch eine Wirkung, und spendet dann eher effektiv und langfristig.“

Spenden, so macht Bosch deutlich, ist auch Arbeit: „Eine Spende ist wie ein Stein, der in einen Teich geworfen wird: Gut geworfen, bringt er die Oberfläche in Bewegung. Schlecht geworfen, sinkt er nur in die Tiefe.“

impulse stellt im Folgenden drei Unternehmen vor, die sich auf unterschiedlichen Wegen – per Abstimmung im Intranet, mithilfe eines Dienstleisters und mit einem selbst organisierten Freiwilligentag – gesellschaftlich engagieren.

Idee 1: Für einen guten Zweck sporteln

Nina Frei ist Personalreferentin bei Doubleslash und organisiert die Radel-Spendenaktion. Für sie hat dieser sportliche Ansatz gleich mehrere Vorteile: „Wir stärken nicht nur die Gesundheit unserer Mitarbeiter, weil wir sie dazu bringen, das Auto stehen zu lassen und sich mehr zu bewegen, und tun etwas für einen guten Zweck, wir unterstützen auch das Gemeinschaftsgefühl, weil alle zusammen ein Ziel verfolgen.“

Und das kommt an: Von den 250 Mitarbeitern macht knapp die Hälfte mit – vom Werkstudenten über den Azubi bis hin zum Chef. „Man merkt, wie sich alle gegenseitig anspornen“, sagt Geschäftsführer Konrad Krafft. „So ein gewisser Gamification-Ansatz beflügelt zusätzlich und liegt uns ITlern ja auch irgendwie in den Genen.“

Mitarbeiter entscheiden, wohin die erradelten Spenden fließen

2019, dem Jahr vor Beginn der Coronakrise, kamen so über 62.500 Kilometer zusammen. „Insgesamt sind wir so mehr als einmal um die Welt geradelt“, sagt Nina Frei. Seit 2017 spendet das Unternehmen im Schnitt 2000 Euro für einen guten Zweck. Wohin das Geld fließt, entscheiden die Mitarbeiter jedes Jahr neu. Nina Frei recherchiert vorab, welche Projekte infrage kommen: „Dabei ist es uns wichtig, Organisationen auszuwählen, die etwas unbekannter sind, die man nicht sofort auf dem Radar hat und die nicht schon von Bund und Ländern bezuschusst werden.“

Per Intranet stimmen die Mitarbeiter dann ab, wer das Geld bekommt. In den vergangenen Jahren ging das Geld unter anderem an eine Stiftung für Kinder in Not und an ein Kinder- und Jugendhospiz – aus der Region. Vergangenes Jahr zeigte sich die Firma sogar noch spendenfreudiger. Weil wegen Corona die übliche Weihnachtsfeier ausfiel, entschied der Mittelständler, das Geld stattdessen anderweitig zu investieren: 10.000 Euro flossen in die Pflanzung von rund tausend jungen Bäumen. Darin enthalten war auch das Geld, das die Firma normalerweise in Weihnachtsgeschenke steckt. „Wir haben viel positives Feedback von unseren Kunden bekommen. Dieser Zuspruch bestärkt uns, auch in Zukunft an solchen Aktionen festzuhalten“, sagt Konrad Krafft.

Idee 2: Hand in Hand mit den Kunden

Zehn Jahre lang hatte der Anbieter von Heizungsanlagen Elco Heating Solutions aus dem baden-württembergischen Hechingen regionale Vereine für Kinder und Jugendliche gesponsert – Fußballclubs, Musikschulen, Schulklassen. 1000 Stück werden es gewesen sein, schätzt Marketingleiterin Claudia Schmidt-Tozki, die in dem 750-Mitarbeiter-Unternehmen für die Planung der Spenden verantwortlich ist. Neue Tore, Bälle, Trikots, Instrumente kaufte Elco – für rund eine Million Euro.

An wen das Geld ging, entschieden die Geschäftsführer Stephan Ziegert und Thomas Wünsch meistens spontan – oft kamen die Ideen von den Kunden der Firma, von Heizungsbauern aus ganz Deutschland, die mitbekommen hatten, dass im örtlichen Handballclub Bälle fehlten oder ein Schwimmverein neue Tauchringe brauchte, und die gebeten worden waren, einen Beitrag zu leisten. „Die wandten sich dann wiederum häufig an uns und berichteten von der Anfrage.“ Fand Elco das Projekt unterstützenswert, floss das Geld.

Aufwand für das Sponsoring von Vereinen reduzieren

Eine schöne Möglichkeit zu unterstützen, fand Claudia Schmidt-Totzki, aber während der Pandemie fragte sie sich, ob man diese Art des Sponsorings nicht professionalisieren könnte: „Der Aufwand für die Prüfung und Kontaktaufnahme war für uns als zweiköpfiges Team, das sich um die Organisation kümmert, mitunter zu groß und zu umständlich.“

In Absprache mit Geschäftsführer Stephan Ziegert kontaktierte Claudia Schmidt-Totzki die Plattform Betterplace. Das Start-up unterstützt Unternehmen bei der Organisation und Durchführung von Spenden und nimmt dafür 2,5 Prozent Gebühr. Eine Summe, die sich lohnt, finden Ziegert und Schmidt-Totzki, schließlich übernehme das Start-up die gesamte Organisation.

Kunden wählen Projekte

Für Elco planten die Berliner eine Gutschein-Aktion: Die vom Heizungsanbieter zur Verfügung gestellten 25.000 Euro wurden in 50-Euro-Gutscheine aufgeteilt, die dann an die Kunden von Elco verteilt wurden. Auf der Internetseite von Betterplace konnten diese dann unter fünf Projekten auswählen, die Kindern und Jugendlichen in Corona-Zeiten helfen, und diesen das Geld zukommen lassen – welche der vorgeschlagenen Organisationen sie auswählten, blieb ihnen überlassen. Die fünf Projekte hatten Schmidt-Totzki und ihr Team aus 20, von Betterplace vorausgewählten Kandidaten festgelegt. „Dabei“, sagt sie, „hat uns Betterplace auf viele Projekte aufmerksam gemacht, die wir vorher nicht im Blick hatten.“

Für Elco ist das eine perfekte Lösung: „Statt das Geld für reine Marketing-Kampagnen zu nutzen, setzen wir es für einen guten Zweck ein und erhalten trotzdem die Aufmerksamkeit unserer Kunden“, sagt Geschäftsführer Ziegert.

Claudia Schmidt-Totzki kann sich gut vorstellen, die Aktion zu wiederholen: „Wir sind nicht SAP, aber wir können trotzdem etwas bewirken – auch kleine Summen machen für viele Projekte einen großen Unterschied. In der nächsten Runde wolle man sich vielleicht auf das Thema Klimaschutz fokussieren, sagt Stephan Ziegert: „In jedem Fall gibt es noch viel zu tun.“

Idee 3: Anpacken, bitte!

Fast hätte Corona Wendy Schrott einen Strich durch ihre Planung gemacht. Seit fünf Jahren ist die 44-Jährige beim Kölner IT-Unternehmen Cologne Intelligence für die Planung des Freiwilligentages zuständig: Einmal im Jahr verlassen die Mitarbeiter ihren Schreibtisch, um acht Stunden bei einem gemeinnützigen Projekt auszuhelfen: Sie renovieren Flüchtlingsunterkünfte, besuchen gemeinsam mit Senioren den Zoo, veranstalten Spielenachmittage in der Diakonie, verschönern die Außenanlagen von Kindergärten oder gehen mit Demenzkranken spazieren.

„Geld spenden ist eine gute Sache“, sagt Wendy Schrott, „aber noch schöner ist es, wenn die Hilfe mit persönlichem Engagement und Einsatz verbunden ist.“ Anfangs nahm das ganze Team am offiziellen „Kölner Freiwilligen Tag“ teil, kurz darauf beschloss die Geschäftsführung, einen eigenen Freiwilligentag zu organisieren, um flexibler in der Planung zu sein.

Eine Verbindung mit den Menschen aufbauen

„Wir wollen nicht irgendeine anonyme Firma sein. Wir wollen mit der Stadt, in der wir leben und arbeiten, eine emotionale Verbindung mit ihren Bewohnern aufbauen, indem wir bei verschiedenen Projekten anpacken“, sagt Geschäftsführer Carsten Brüggerhoff.

Die Idee kommt an. Die Möglichkeit, über den eigenen Horizont hinwegzuschauen und Einblicke in andere Lebenswelten zu bekommen, sehen die meisten im Team als Chance. „Niemand wird gezwungen, sich an der Aktion zu beteiligen, aber fast alle unsere 150 Mitarbeiter machen mit“, so Brüggerhoff.

Für Schrott ist das soziale Engagement auch eine Teambuilding-Maßnahme: „Wir lernen unsere Mitarbeiter oftmals von einer ganz anderen Seite kennen. Wer hätte gedacht, dass der stille Kollege aus der Nachbar-Abteilung so gut mit älteren Menschen reden kann und dass die neue Kollegin eine tolle Handwerkerin ist?“

Manche engagieren sich in der Freizeit weiter

Eine Win-win-Situation also für alle Beteiligten – und manchmal sogar eine, die nachwirkt: „Es gibt Mitarbeiter, die die Projektideen so sehr gepackt haben, dass sie sich in ihrer Freizeit weiter engagieren“, erzählt Wendy Schrott.

Auch im Pandemie-Jahr 2020 wollten die Mitarbeiter nicht auf ihr gewohntes Engagement verzichten, doch das Kontaktverbot machte ein Zusammenkommen mit den Organisationen schwierig. „Als uns klar war, dass wir dieses Jahr wegen der Pandemie nicht wie gewohnt unsere Hilfe vor Ort anbieten können, haben wir nach einer Alternative gesucht“, so Schrott.

Das Team kam schließlich auf die Idee, den Tag wie gewohnt im Büro zu verbringen und die geleisteten Arbeitsstunden in eine Geldspende umzuwandeln. Rund 61 000 Euro kamen so am Ende zusammen. In welche Projekte das Geld fließen soll, hatten die Mitarbeiter im Vorfeld gemeinsam ausgesucht.

Bei Cologne Intelligence war man stolz auf diese große Summe, doch wiederholen wollen sie die Aktion nicht. Im Herbst will das IT-Unternehmen wieder zu seinem alten Konzept zurückkehren: persönlich helfen, vor Ort. Auch Carsten Brüggerhoff wird dann dabei sein. Ein Projekt hat er schon im Blick: „Ich werde ein Projekt der Hochwasser-Hilfe unterstützen, denn die ist in diesem Jahr ganz besonders vonnöten.“

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