KI und Urheberrecht
So können Sie ChatGPT & Co rechtssicher nutzen

Künstliche Intelligenz erschafft Marketingtexte, Werbebilder, Videofilme. Aber dürfen Unternehmer die Kreationen einfach so nutzen? Ab wann greift bei KI das Urheberrecht?

22. Mai 2024, 13:00 Uhr, von Ulrike Barth, Redakteurin

KI und Urheberrecht
Wer mithilfe Künstlicher Intelligenz Texte, Bilder oder Videos erstellt, muss sich auch mit dem Urheberrecht beschäftigen.
© PhonlamaiPhoto / iStock / Getty Images Plus

Für die einen sind ChatGPT & Co nützliche Tools – die anderen denken bei KI ans Urheberrecht und halten die Tools für freche Diebe. Denn die neuen generativen KI-Modelle werden mit Inhalten trainiert, mit denen Grafiker, Fotografen, Journalisten und Texter eigentlich Geld verdienen. Ob es rechtlich in Ordnung ist, dass sich die Künstliche Intelligenz (KI) am geistigen Eigentum von Menschen bedient, ist eine der großen Streitfragen der neuen Technologie.

KI und Urheberrecht: Alle wichtigen Fragen im Überblick

Daher müssen sich auch Nutzer, die gerade euphorisch mit KI-Systemen wie ChatGPT oder der Google-KI Gemini herumspielen, fragen, wie sie die dort erzeugten Bilder, Grafiken und Fotos eigentlich verwenden dürfen. Wer ist der Urheber der Werke? Kann man verklagt werden, wenn das genutzte KI-Ergebnis einem geschützten Text oder Bild täuschend ähnlich ist?

Rein rechtlich gibt es oft keine eindeutigen Ja-Nein-Antworten auf diese Fragen. Vieles liegt noch in einem Graubereich, auch weil die Gesetzgeber weltweit die neue Technologie erst einordnen müssen.

Ist die Künstliche Intelligenz Urheber eines Werkes?

Nein. Nur Menschen können ein Urheberecht für sich beanspruchen. Die Firmen hinter den KI-Programmen haben auch keinen Schutz für die Werke ihrer Maschinen vorgesehen – räumen aber gleichzeitig dem Benutzer weitgehende Nutzungs- und Verwertungsrechte ein.

KI-Kreationen dürfen gemäß der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des jeweiligen Anbieters kommerziell genutzt werden. Open AI, die Firma hinter dem bekannten Sprachmodell ChatGPT, gibt den Nutzern von ChatGPT beispielsweise sämtliche Rechte am Werk. „Das bedeutet, dass Sie den Inhalt für jeden Zweck nutzen können, einschließlich kommerzieller Zwecke wie Verkauf oder Veröffentlichung“, wie es in den AGB heißt. Die Frage des Urheberschutzes gibt Open AI aber ebenfalls an den Nutzer weiter, der dann für die Inhalte verantwortlich ist, „einschließlich der Sicherstellung, dass er nicht gegen geltendes Recht (…) verstößt“.

Sprich: Wer zum Beispiel KI-generierte Texte veröffentlicht, muss nicht mit Ärger der KI-Hersteller rechnen. Sollte die Veröffentlichung aber beispielsweise das Urheberrecht anderer verletzen, so muss man dafür selbst geradestehen.

Dürfen KI-Modelle mit urheberrechtlich geschützten Werken trainiert werden?

Ja – aber mit Einschränkungen. KI-Systeme müssen erst lernen, bevor sie Inhalte generieren können. Dabei greifen die Firmen auf frei verfügbare Informationen im Internet zurück. Beim Training der generativen KI fragen die Firmen momentan auch nicht groß nach, ob andere Rechte an den Inhalten haben – sie verwenden sie einfach. Rechtlich ist das mit dem Urheberrecht vereinbar.

Wer ein Urheberrecht an Texten, Bildern oder Musik hat, muss zwar meistens vorher gefragt werden, bevor seine Inhalte genutzt werden dürfen. Doch manches spricht dafür, dass das Training der KI mit geschützten Inhalten unter einen im Jahr 2021 neu eingeführten Paragraphen des Urheberrechts (§ 44b UrhG) fällt. Der erlaubt die Verwendung, wenn daraus „Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen“ gewonnen werden. Dieses sogenannte „Text und Data Mining“ müssen die Urheber also hinnehmen, wenn ihre Werke zum Training von Künstlicher Intelligenz eingesetzt werden. Im Gesetz heißt es aber auch, dass die „Vervielfältigungen“ wieder gelöscht werden müssen, wenn sie nicht mehr erforderlich sind.

„Ob die Nutzung von Werken durch KI-Modelle unter das Data Mining fällt, ist aber noch nicht ganz ausgemacht“, sagt Tom Brägelmann, Anwalt im Berliner Büro der Kanzlei Annerton. „Manche sagen, die KI kopiert alles. Andere sagen, sie erstellt im engeren Sinne keine Kopie, sondern wählt nur innerhalb eines neuronalen Netzes Inhalte aus – ähnlich wie es das menschliche Gehirn tut, wenn es sich an ein Bild oder eine Textpassage erinnert.“

Am Ende werden in dieser Definitionsfrage wohl Gerichte entscheiden. „Als der Gesetzgeber die Regeln des § 44b UrhG erlassen hat, waren die Auswirkungen der neuen großen KI-Modelle noch nicht bekannt, so dass man auch in Frage stellen kann, ob diese Regelungen eigentlich hierfür gedacht sind – selbst wenn sie vom Wortlaut her passen. Ein Gericht könnte diese Norm deshalb auch einschränkend oder ergänzend auslegen“, sagt Brägelmann.

Kann ich meine eigenen Inhalte vor der KI schützen?

Ja. Rechteinhaber von Texten, Musik oder Bildern haben die Möglichkeit eines „Opt-out“ vom Data-Mining. Dazu müssen sie einen sogenannten „Nutzungsvorbehalt“ gegen das Auslesen formulieren – und zwar laut Urheberrecht in „maschinenlesbarer“ Form.

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In der Praxis funktioniert das über das Stammverzeichnis der Internet-Domain. Dort kann eine Datei hinterlegt werden, die festlegt, ob und wie die Inhalte der Seite von sogenannten Webcrawlern erfasst werden können. Das sind Computerprogramme, die automatisch das Internet durchsuchen und Seiten analysieren. Suchmaschinen setzen sie beispielswese zur Indexierung von Webseiten ein.

Wie so ein Opt-out funktioniert, erklärt der Inhaber und Chefredakteur von Search One und Webmaster Pro Kai Spriestersbach in einem Blogpost. In der Praxis könnten sich aus dem „Opt-out“ allerdings auch Nachteile ergeben: Texte oder Bilder werden von Suchmaschinen womöglich nicht mehr gefunden.

Wer Chatbots wie ChatGPT selbst nutzt, hat wahrscheinlich auch Skrupel, sensible Inhalte aus der Firma dort einzugeben, denn auch mit diesem Input trainiert die KI. Personenbezogene Daten Dritter sollten Sie hier grundsätzlich nicht verwenden und auch keine vertraulichen Unterlagen – selbst wenn Anbieter wie OpenAI Nutzern mittlerweile die Möglichkeit geben, das Training der KI mit den eigenen Eingaben abzustellen.

Kann der Urheber des Originalwerks wegen einer Urheberrechtsverletzung klagen?

Das ist schwierig. Zum einen wäre es denkbar, gegen die in den USA ansässigen KI-Firmen zu klagen, die mit urheberechtlich geschütztem Material trainiert worden sind. Das dürfte aber kompliziert werden. „Sie können natürlich versuchen, wegen einer Urheberrechtsverletzung in Deutschland gegen ChatGPT beziehungsweise OpenAI zu klagen. Das erste Problem dabei wird sein, dass das Unternehmen in Europa noch nicht einmal eine Dependance hat“, sagt Brägelmann. Eine Klage müsste man wohl in den USA zustellen. „Das geht schon, ist aber teuer und kann dauern.“

Zum anderen könnten die Urheber gegen denjenigen vorgehen, der ein Werk veröffentlicht, das dem eigenen urheberrechtlich geschützten Werk zum Verwechseln ähnlich ist. Grundsätzlich können etwa wortgetreue Wiedergaben von urheberrechtlich geschützten Texten eine Vervielfältigung im Sinne des Urheberrechts (§ 16 UrhG) darstellen.

Ist das Ergebnis fast identisch oder zumindest noch sehr ähnlich zu dem ursprünglichen Werk, kann der Urheber versuchen, den Urheberschutz einzuklagen. Ob das berechtigt ist, entscheiden dann Gerichte je nach Einzelfall. Die rechtliche Klärung bei Urheberrechtskonflikten ist jedoch oft langwierig. Ein Beispiel: „Die Elektropop-Gruppe Kraftwerk und Hiphop-Produzent Moses Pelham streiten sich seit über 20 Jahren um ein Sound-Snippet aus dem Song ‚Metall auf Metall‘“, erklärt Brägelmann.

Kann ich KI-generierte Werke urheberrechtlich schützen lassen?

Auch das ist eher schwierig. Für den Urheberschutz muss sich die Persönlichkeit eines Menschen in der Kreation widerspiegeln. Juristen sprechen in diesem Zusammenhang auch von der „Schöpfungshöhe“ oder „Gestaltungshöhe“ eines Werks.

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Das gleiche gilt für die sogenannten „Prompts“, also die Sprachbefehle, mit denen der Nutzer der KI sagt, was für ein Ergebnis sie erzeugen soll. „Auf sehr simple KI-Prompts kann es deshalb kein Urheberrecht geben“, erklärt Rechtsanwalt Tom Brägelmann. Ebenso wenig auf ihre Ergebnisse in Bild und Text, weil diese kein Mensch, sondern ein Computer erzeugt hat. „Es liegt also keine ‚persönliche geistige Schöpfung‘ im Sinne des Urheberrechts vor“, erklärt der Anwalt.

Grundsätzlich gilt: „Das Urheberrecht schützt das menschliche Produkt, also den konkreten Ausdruck – nicht Ideen“, sagt Brägelmann. So kann ein bestimmtes Foto etwa urheberrechtlich als „Lichtbildwerk“ geschützt sein. Die Idee, ein bestimmtes Motiv einzufangen oder den Stil einer bestimmten Kunstepoche nachzuahmen, ist das aber nicht.

Schutzfähig wäre ein KI-Werk allerhöchstens dann, wenn sich der Mensch sehr stark in seine Entstehung einbringt, etwa durch besonders kreative und komplexe Prompts. „Wenn ich ChatGPT bitte, mir ein Sonett über Kartoffelbrei zu schreiben, das dann fantastisch ausfällt, ist es trotzdem zu weit hergeholt, zu sagen: Mit diesem kleinen Prompt habe ich schon ein geistiges Werk geschaffen – selbst wenn das Urheberrecht grundsätzlich auch ‚die kleine Münze’ schützt“, sagt Rechtsanwalt Brägelmann.

Denn grundsätzlich kann ein Urheberrecht nicht nur für große Werke, sondern auch für kleine Kreationen gelten. Auch im Streit der Gruppe Kraftwerk mit Hiphoper Pelham geht es um die Nutzung einer nur zwei Sekunden langen Rhythmussequenz. Der Dauerstreit zeigt auch, wie schwierig die Abwägungen zwischen Urheberrecht und Kunstfreiheit ist. Rein theoretisch könnte also auch ein KI-Prompt geschützt sein – wenn er denn die notwendige geistige Schöpfungshöhe erreicht und nicht nur Gebrauchszwecken dient.

Der Fall “Zarya of the Dawn”

Ein Rechtsstreit aus den USA verdeutlicht, wie schwierig es ist, für ein KI-generiertes Werk ein Urheberrecht zu beanspruchen: Seinen Comic „Zarya of the Dawn“ wollte sich der Autor Kris Kashtanova urheberrechtlich schützen lassen. Doch im Nachhinein kam heraus: Den Comic hatte er mit dem KI-Tool Midjourney erstellt.

Das U.S. Copyright Office entschied in diesem Fall, dass es nicht ausreicht, wenn der Mensch aus den Vorschlägen der KI seine Favoriten ausgewählt, um eine Urheberschaft für das Werk zu beanspruchen. Es kassierte deshalb die urheberrechtliche Registrierung. Weil die Handlung des Comics aber vom Autor stammte, stellte das U.S. Copyright Office eine modifizierte Registrierung aus, die genau festhält, was an dem Comic geschützt ist – und was nicht. Der Text des Comics und der gesamte Comic als Werk wurden doch als Werk im Sinne des U.S. Copyright Acts registriert, aber nicht die individuellen, nur von einer KI generierten Bilder.

Das Beispiel zeigt: Selbst mit einem detaillierten Prompt kann man keinen Urheberrechtsschutz für den KI-Output begründen.

Darf ich urheberrechtlich geschütztes Material in die KI eingeben?

Das kann zum Problem werden. Zwar darf man ein Werk mit dem Einverständnis des Urhebers auch weiterbearbeiten und das Ergebnis verwenden. Gibt man als Nutzer aber selbst das urheberrechtlich geschützte Werke eines anderen bei einem KI-Programm ein, ohne um Erlaubnis zu bitten, verletzt man streng genommen das Urheberrecht.

Die Frage ist dann aber wieder, ob das KI-Ergebnis dem geschützten Original stark ähnelt – oder ob es durch die Bearbeitung so verändert worden ist, dass es nicht mehr geschützt ist.

Muss ich also als privater Nutzer eines Chatbots wie ChatGPT oder Gemini recherchieren, ob eventuell ein Urheber- oder Markenrecht vom Output des Bots tangiert ist? „Das dürfte in der Praxis schon an den fehlenden Möglichkeiten scheitern“, argumentiert Rechtsanwalt Brägelmann. „Grundsätzlich liegt die Beweispflicht, dass die Nutzung in Ordnung ist, aktuell bei demjenigen, der gegebenenfalls ein Urheberrecht unerlaubt nutzt. Langfristig wird aber wohl derjenige verpflichtet werden, eine urheberrechtliche Rechtfertigung oder Lizenz zur Verfügung zu stellen, der das kann – also der Anbieter der KI.“

Kann ich KI-generierte Bilder und andere Kreationen also unbekümmert nutzen?

Jein: Die Nutzung ohne Prüfung birgt Risiken. Der Nutzer der KI weiß nicht, mit welchen Inhalten die Künstliche Intelligenz trainiert wurde und ob dabei Rechte anderer verletzt wurden. Daher weiß er auch nicht, ob das Ergebnis, das er mit der KI erzielt, einem geschützten Werk sehr ähnlich oder sogar damit identisch ist. In der Praxis empfiehlt sich daher eine Risikoabwägung.

„Eine Nutzung etwa für Gebrauchstexte, ob nun interne Anweisungen, Ablaufpläne für Events, Projekt-Management-Instruktionen, kleine Emails, Marketing-Studien oder eine Pressemitteilung, dürfte aus pragmatischen Gründen kaum jemals vor Gericht verfolgt werden, selbst wenn dadurch Urheberrechte eines anderen unberechtigt benutzt worden ist. Der Urheber wird das kaum bemerken“, sagt Rechtsanwalt Brägelmann. Vorsicht ist dennoch geboten.

Je mehr sich professionelle Urheber, also Fotografen, Autoren oder Musiker mit den KI-Programmen beschäftigen, desto eher werden Urheberrechtsverletzung auch entdeckt werden. So können Fotografen und Künstler schon jetzt über das Tool „Have I been trained“ herausfinden, ob ihre Bilder zum Training von KI-Programmen genutzt wurden.

Neben dem Urheberrecht könnten auch andere Schutzrechte, etwa Marken- oder Patentrechte, durch die KI-Programme verletzt werden. Weil diese meist registriert und damit schon leicht per Google zu recherchieren sind, steigt auch das Risiko, für die kommerzielle Nutzung von KI-Werken verklagt zu werden. „Es wird sicher Rechtsanwälte geben, die das gezielt scannen und ein Geschäftsmodell darauf aufbauen, entsprechende Verstöße zu verfolgen. Im Markenrecht werden große Unternehmen das sicher auch tun“, sagt Tom Brägelmann.

Was für Konsequenzen drohen, wenn ich mit KI-Werken das Urheberrecht anderer verletze?

Im Zweifel kann es teuer werden. Grundsätzlich besteht eine Gefahr, urheberrechtlich oder anderweitig geschützte Inhalte zu übernehmen, wenn man KI-Kreationen nutzt. Für die Verletzung des Urheberrechts wäre dann der Nutzer haftbar.

Je nachdem, wie hoch ein Gericht dabei das Verschulden des Nutzers einschätzen würde, drohen seitens des Urhebers Unterlassungsansprüche oder sogar Schadensersatzansprüche (gemäß § 97 Abs. 1 und 2 UrhG), evtl. kann auch der Rückruf von Produkten verlangt werden, etwa wenn eine Verpackung das Markenrecht eines anderen Produkts verletzt. Offen ist bislang die Frage, welche Fehler dabei dem Nutzer und welche dem Anbieter der KI zugerechnet würden.

Wohin entwickelt sich die Rechtsprechung?

Dass KI-Modelle wie ChatGPT im großen Stil mit urheberrechtlich geschütztem Material trainiert werden, führt längst zum Streit. So gibt es viele Klagen, die sich ganz konkret gegen die Nutzung von Daten zu KI-Trainingszwecken richten. Das Problem: Die Urheber erhalten kein Geld, wenn ihre Werke im KI-Training genutzt werden, KI-Unternehmen verkaufen aber Lizenzen für die Weiterverwendung in kommerziellen Projekten.

Die Bildagentur Getty verklagt die Bild-KI Stable Diffusion in Großbritannien wegen mutmaßlichen Urheberrechtsverletzungen. Das KI-Unternehmen soll Millionen von Getty-Bilddaten genutzt haben, die nicht explizit zum Training von KI-Systemen zur Verfügung gestellt wurden.

Auch die New York Times verklagt OpenAI und Microsoft wegen der Verletzung ihrer Urheberrechte. Deren KI-Chatbots ChatGPT sei mit Daten von mehreren Millionen Artikeln der Zeitung trainiert worden. Nun fordert die Zeitung, die Nutzung der Inhalte einzustellen und die bereits gesammelten Daten zu vernichten.

Anders der Axel Springer Verlag: Er hat für Zeitungen wie „Bild“, „Welt“, Politico und Business Insider im Dezember 2023 eine Vereinbarung mit OpenAI getroffen. Jetzt bekommt der Verlag Geld dafür, wenn ChatGPT bei der Beantwortung von Nutzerfragen auf seine Artikel zurückgreift.

In Europa setzen sich Kreativschaffende dafür ein, dass der Gesetzgeber aktiv wird und die Urheber besser gegen die KI-Modelle schützt. In Deutschland haben sich Künstler und Urheber beispielweise in der „Initiative Urheberrecht“ zusammengeschlossen. Sie fordern unter anderem eine angemessene Vergütung für die Kreativen von den KI-Unternehmen, sowie mehr Transparenz bei den Trainingsdaten. Ihre Forderungen sind zum Teil bereits in die Europäische KI-Verordnung (AI Act) eingeflossen.

Was bringt der AI Act der Europäischen Union?

Am 13. März 2024 hat das Europäische Parlament  den AI Act verabschiedet. Er verlangt von großen KI-Basismodellen wie ChatGPT und Gemini, offenzulegen, mit welchem (urheberrechtlich geschützten) Material sie ihre Modelle trainiert haben. Außerdem müssen sie eine Unternehmensstrategie zur Einhaltung des europäischen Urheberrechts erarbeiten.

Die neuen Regeln werden 2026 in Kraft treten. Anwalt Brägelmann hält sie im Hinblick auf die Fragen im Urheberecht allerdings für sehr lasch: Geschützte Inhalte würden im AI Act teils nur in den nicht rechtlich-verbindlichen Erwägungsgründen angesprochen. „Insofern wird der AI Act in der Praxis erst wirklich relevant werden, wenn der Europäische Gerichtshof mit ersten Urteilen hier Präzisierungen getroffen hat – also in etwa 5 bis 8 Jahren“, sagt er.

Ungelöst sei auch noch die Tatsache, dass sehr viele urheberrechtlich relevante Handlungen, wie das KI-Training und Web-Scraping, gar nicht innerhalb der EU stattfinden. „Viele urheberrechtliche Vorschriften der EU bzw. Deutschlands sind daher gar nicht relevant“, sagt Brägelmann.

Eine der wichtigen Fragen, über die in den USA Gerichte entscheiden müssen: Greift „fair use“ als urheberrechtliche Erlaubnis für das Training einer KI oder nicht? Bislang ist das nicht geklärt.

Sinnvoller wäre es aus Brägelmanns Sicht, eine Art weltweite Verwertungsgesellschaft für KI zu gründen, analog zur GEMA oder zur American Society of Composers, Authors and Publishers (ASCAP), die dann die Rechte der Künstler verwertet. Doch das ist noch Zukunftsmusik – bis dahin bleiben viele Fragen zur KI und dem Urheberrecht offen.

Der Experte
Tom Brägelmann
Tom Brägelmann ist Anwalt in der Berliner Kanzlei Annerton. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit neuen technologische Entwicklungen und ihren Auswirkungen im Wirtschaftsrecht. Brägelmann ist sowohl in Deutschland als auch in den USA als Anwalt zugelassen.

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