Als ich Anfang der 80er-Jahre die Verantwortung für unser Haus übernommen habe, hatte ich viele Ideen, spürte großen Tatendrang. Ich wollte das Hotel Traube Tonbach in der internationalen Luxusklasse etablieren. Der Fokus aller Maßnahmen lag auf dem Gast. Wirtschaftlich war das sicherlich sinnvoll; wir waren erfolgreich. Unsere Mitarbeiter aber, die Ressource Mensch, haben wir nicht im Blick gehabt. Es wurde viel und hart gearbeitet.
Wenn wir an einem Mittag 250 Essen auf der Terrasse serviert haben, wurde nicht gefragt, wie viele Stunden jeder Einzelne schon im Einsatz ist. Das war damals üblich in unserer Branche. Heute weiß ich, dass das ein großer Fehler war. Unsere Branche verlor durch die extremen Arbeitsanforderungen viel von ihrem Reiz für junge Leute. Diese Erkenntnis war ein Prozess.
Heute fühlen sich die Angestellten stärker wertgeschätzt
Vor allem meine Frau regte Veränderungen an. Die leitenden Mitarbeiter werden heute als Führungskräfte geschult. Unsere neuen Auszubildenden bekommen „Paten“ aus dem Team zur Seite gestellt, die ihnen helfen, sich im Betrieb und der Umgebung einzuleben. Wir haben in die Modernisierung des Personalhauses investiert. Wer nicht hier lebt, dem helfen wir bei der Wohnungssuche.
Unsere Angestellten fühlen sich heute viel stärker wertgeschätzt. Das spüren auch die Gäste. Sie merken, dass die Mitarbeiter auf sie eingehen und nicht nur nach Schema F Antworten geben. Ich glaube, das Umdenken in unserer Personalpolitik hat dazu geführt, dass heute sehr viel seltener Mitarbeiter kündigen als vor 30 Jahren.
Die Traubianer, die seit 10, 20 oder sogar 30 Jahren im Betrieb sind, sind unser Stolz. Das ist die DNA unseres Unternehmens, das wichtigste Element für ein perfektes Serviceerlebnis unserer Gäste. Für mich war die Einsicht, dass ich Verantwortung für die Mitarbeiter übernehmen muss, der größte Lernprozess als Unternehmer.
Aufgezeichnet von: Jonas Hetzer